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  • 04.05.2009 | Straf- und Bußgeldverfahren

    So rechnen Sie verbundene Verfahren richtig ab

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Ein typisches Problem in der Praxis ist die Frage, wie richtig abgerechnet wird, wenn OWi-Verfahren verbunden werden. Die Ausführungen gelten auch für das Strafverfahren (Burhoff, RVGreport 08, 405).  

     

    Beispiel: Abrechnung verbundener Verfahren

    Rechtsanwalt R hat Mandant M in OWi-Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung vertreten. Es ergehen gegen M zwei Bußgeldbescheide, und zwar einmal im Verfahren 1 über 35 EUR und im Verfahren 2 über 75 EUR. Nachdem R gegen jeden Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat, werden beide Verfahren an das AG abgegeben. Das AG bestimmt im Verfahren 2 den Termin. Kurz davor werden beide Verfahren wegen Sachzusammenhangs - gleich gearteter Verstoß - verbunden. Im Termin wird der Einspruch gegen den in Verfahren 1 ergangenen Bußgeldbescheid über 35 EUR zurückgenommen. Das AG berücksichtigt das bei der weiteren Entscheidung und stellt das Verfahren daraufhin ein. Wie kann R gegenüber der Rechtsschutzversicherung abrechnen?  

     

    Lösung: R kann wie folgt abrechnen (es werden Mittelgebühren angesetzt): Die Verfahren 1 und 2 sind bis zur Verbindung eigenständige Angelegenheiten. Die bereits entstandenen Gebühren gehen dem Verteidiger durch die Verbindung nicht verloren. In dem nach der Verbindung offensichtlich führenden Verfahren 2 sind nur noch die Gebühren entstanden, deren Tatbestand erst nach der Verbindung verwirklicht worden ist. Das ist nur die Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG. Diese ist auch nur einmal entstanden, da nur noch ein Verfahren vorgelegen hat.  

     

    I. Verfahren 1 (Geldbuße 35 EUR) bis zur Verbindung  

    1. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde  

     

    Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG  

    85,00 EUR  

    Verfahrensgebühr Nr. 5101 VV RVG  

    55,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

     

    160,00 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    30,40 EUR  

     

    190,40 EUR  

    2. Gerichtliches Verfahren im ersten Rechtszug  

     

    Verfahrensgebühr Nr. 5107 VV RVG  

    55,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    11,00 EUR  

     

    66,00 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    12,54 EUR  

     

    78,54 EUR  

     

     

    II. Verfahren 2 (Geldbuße 75 EUR) bis zur Verbindung  

    1. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde  

     

    Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG  

    85,00 EUR  

    Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV RVG  

    135,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

     

    240,00 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    45,60 EUR  

     

    285,60 EUR  

    2. Gerichtliches Verfahren im ersten Rechtszug  

     

    Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG  

    135,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

     

    155,00 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    29,45 EUR  

     

    184,45 EUR  

     

    III. Verfahren nach der Verbindung  

    Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG  

    215,00 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    40,85 EUR  

     

    255,85 EUR  

    Gesamtsumme (I.- III.)  

    994,84 EUR  

     

     

    Die folgende Checkliste zeigt, worauf es bei der Abrechnung verbundener Verfahren im Einzelnen ankommt.  

     

    Checkliste: Abrechnung verbundener Verfahren
    • Art der Verbindung: Bedeutsam für die Abrechnung ist, um was für eine Verbindung es sich handelt. Bei der sog. Verschmelzungsverbindung nach §§ 2 ff. StPO, die über § 46 OWiG im Bußgeldverfahren entsprechend anzuwenden sind, werden die getrennten Verfahren zu einem Verfahren verschmolzen. Folge: Nach der Verbindung liegt nur noch ein Verfahren vor. Bei der sog. Verhandlungsverbindung nach § 237 StPO werden die Verfahren nur für die Verhandlung zusammengefasst, behalten aber im Übrigen ihre Selbstständigkeit.

     

    • Verschmelzungsverbindung: Für diese gilt der gebührenrechtliche Grundsatz, dass die einzelnen Verfahren, die miteinander verbunden werden, bis zur Verbindung gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten sind. Auf die in ihnen bereits entstandenen Gebühren hat die Verbindung keinen Einfluss (Burhoff in: Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., ABC-Teil: Verbindung von Verfahren Rn. 2). Nach der Verbindung handelt es sich bei den verbundenen Verfahren aber nur noch um eine gebührenrechtliche Angelegenheit, in der die Gebühren, deren Tatbestand erst nach der Verbindung ausgelöst wird, nur noch einmal und nicht mehr in jedem verbundenen Verfahren gesondert entstehen (Burhoff, a.a.O., Rn. 1).

     

    Praxishinweis: Im verbundenen Verfahren entsteht auch nicht noch einmal eine Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG, da der Verteidiger sich in die Rechtsfälle, die diesem Verfahren nun insgesamt zugrunde liegen, bereits vor der Verbindung eingearbeitet hat (Burhoff, a.a.O., Rn. 27 zu Nr. 4100 VV RVG).

     

    Hinsichtlich der Gebührenhöhe gilt: Grundsätzlich ist von der Mittelgebühr auszugehen (s. oben). Allerdings kann bei der Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG ggf. damit argumentiert werden, dass diese oberhalb der Mittelgebühr festzusetzen ist, weil das Verfahren mehrere Vorwürfe zum Gegenstand hat.

     

    • Auslagen: Der Rechtsanwalt kann in den Ursprungsverfahren auch die bis zur Verbindung entstandenen Auslagen abrechnen. In dem verbundenen Verfahren entsteht die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG nach Verbindung aber nicht noch einmal. Nach der Anmerkung zu Nr. 7002 VV RVG kann die Pauschale in derselben Angelegenheit nur einmal entstehen. Sie ist aber in diesem Verfahren bereits einmal entstanden. Allerdings können ggf. weitere, erst jetzt entstandene Auslagen geltend gemacht werden.
     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2009 | Seite 79 | ID 126398