01.07.2008 | Strafrecht
Höhe der Pauschgebühr (§ 51 RVG) nicht beschränkt
Die Höhe des Pauschgebührenanspruchs eines bestellten Beistandes/Verteidigers kann nicht in analoger Anwendung von § 42 Abs. 1 S. 4 RVG auf das Doppelte der Höchstgebühr eines Wahlverteidigers begrenzt werden (OLG Stuttgart 24.4.08, 2 ARs 21/08, Abruf-Nr. 081846). |
Sachverhalt
Der Anwalt war im Verfahren wegen des Vorwurfs des Mordes bestellter Beistand (§ 406g Abs. 3 Nr. 1, § 397a Abs. 1 StPO) der Eltern des Opfers. Nach Abschluss des Verfahrens hat er eine Pauschgebühr von 5.000 EUR geltend gemacht. Der Vertreter der Staatskasse hat nur eine Pauschgebühr von 1.100 EUR zuerkannt, das OLG von 2.116 EUR.
Entscheidungsgründe
Das Überschreiten der Wahlanwaltshöchstgebühren bei der Pauschgebühr ist zulässig (so auch OLG Hamm NJW 07, 311). Es ist der Literaturmeinung zu folgen, die eine analoge Anwendung von § 42 Abs. 1 S. 4 RVG auf die Bemessung der Pauschgebühr nach § 51 RVG und damit eine Beschränkung maximal auf das Doppelte der Wahlverteidiger-Höchstvergütung als unzulässig ablehnt (Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., § 51 Rn. 40; a.A. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 51 Rn. 33). Gegen eine Regelungslücke in § 51 RVG spricht, dass der Gesetzgeber beide Pauschvergütungsregelungen zeitgleich und in bewusst gleicher Terminologie normiert hat. Zudem unterscheiden sich die Grundlagen einer Pauschgebühr nach § 42 RVG deutlich von der gemäß § 51 RVG. Bei der Bemessung der Pauschgebühr nach § 42 RVG fließen gemäß § 14 RVG die dort genannten Umstände mittelbar mit ein (OLG Jena NJW 06, 933). Zudem kann der Wahlverteidiger über die Höchstgrenze des § 42 Abs. 1 S. 4 RVG hinaus eine Vergütung mit seinem Mandanten vereinbaren und so eine eventuelle Unzumutbarkeit der Wahlverteidigergebühren geltend machen. Diese Möglichkeit hat der bestellte Beistand/Verteidiger dagegen nicht.
Praxishinweis
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Zutreffend ist es auch, wenn das OLG aufgrund der Komplexität des Sachverhalts, der langen Verfahrensdauer und der wechselnden Einlassungen des Beschuldigten ein „besonders umfangreiches“ und „besonders schwieriges“ Verfahren annimmt. Bei der Bemessung der Pauschgebühr geht das OLG von Folgendem aus: Für die Vertretung der Eltern des getöteten Kindes sind über die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG (insgesamt 244 EUR) hinaus für den Einarbeitungsaufwand zusätzlich vier fiktive Grundgebühren gemäß Nr. 4100 VV RVG (528 EUR) sowie für den Aufwand, insbesondere der Beschwerdebegründungen sowie im Klageerzwingungsverfahren weitere 12 fiktive Verfahrensgebühren gemäß Nr. 4104 VV RVG (1.344 EUR) angemessen, was zur Pauschgebühr von 2.116 EUR führt.
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