30.10.2008 | Strafverfahren
Befriedungsgebühr bei Rücknahme der Revision
von RiOLG a.D. Detlef Burhoff, Münster
Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG kommt bei Rücknahme der Revision nur in Betracht, wenn beurteilt werden kann, ob eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre. Diese Beurteilung wird in der Regel erst möglich sein, wenn das Revisionsverfahren bei dem Revisionsgericht anhängig geworden ist bzw. wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ausnahmsweise eine Hauptverhandlung anberaumt worden wäre (OLG Hamburg 16.6.08, 2?Ws 82/08, n.v., Abruf-Nr. 083069 und OLG Köln 18.4.08, 2 Ws 164/08, n.v., Abruf-Nr. 083070). |
Sachverhalt
In beiden Fällen ist der Angeklagte vom LG verurteilt worden. Seine Verteidiger haben gegen das Urteil Revision eingelegt und diese zugleich mit der allgemeinen Sachrüge begründet. Die Revisionen sind später zurückgenommen worden. In beiden Fällen ist die jeweils beantragte Gebühr
Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG nicht festgesetzt worden.
Entscheidungsgründe
Nach dem Wortlaut der Nr. 4141 VV RVG entsteht die zusätzliche Gebühr, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat Nr. 4141 VV RVG den Grundgedanken von § 84 Abs. 2 BRAGO übernehmen sollen. Dieser liegt darin, den Anreiz zu erhöhen, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen und somit Hauptverhandlungen zu reduzieren. Das hat das RVG auf die Rücknahme der Revision ausgedehnt und damit die Revisionsgerichte entlasten wollen.
Der Verteidiger erhält eine zusätzliche Gebühr also (nur), wenn durch seine auf die Förderung des Hauptverfahrens gerichtete Tätigkeit eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Die zusätzliche Gebühr kommt bei Rücknahme der Revision nur in Betracht, wenn das Revisionsverfahren so weit fortgeschritten gewesen ist, dass beurteilt werden kann, ob eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre. Nur wenn das der Fall ist, kann durch Bewilligung der Gebühr dem gesetzgeberischen Ziel entsprochen werden, die Revisionsgerichte zu entlasten. Nur bei dieser Gesetzesauslegung kann gleichzeitig auch dem weiteren gesetzgeberischen Ziel, dem Verteidiger eine Kompensation für den Verlust der Hauptverhandlungsgebühr zu verschaffen, entsprochen werden. Die Vorschrift beabsichtigt nur, einen finanziellen Nachteil auszugleichen, nicht eine zusätzliche Prämie für den Fall der Rücknahme eines Rechtsmittels zu schaffen. Der eindeutige Wortlaut kann auch nicht mit der allgemeinen Erwägung umgangen werden, dass, auch wenn keine Hauptverhandlung anberaumt werde, ein erheblicher Arbeitsaufwand des Revisionsgerichts und der Staatsanwaltschaft anfalle, der durch die Revisionsrücknahme vermieden werde. Hätte der Gesetzgeber auch dies erfassen wollen, wäre der Gebührentatbestand anders gefasst worden. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich insoweit um ein Versehen handelt. Würde man dem Verteidiger allein wegen der Revisionsrücknahme eine Gebühr zubilligen, wäre er besser gestellt als der Verteidiger, der das Revisionsverfahren durchführt, ohne dass es zur Hauptverhandlung kommt. Das würde geradezu einen Anreiz schaffen, eine Revision einzulegen, mit der allgemeinen Sachrüge zu begründen und anschließend wieder zurückzunehmen. Statt zur Entlastung käme es zur Mehrbelastung der Instanzgerichte, da die Urteilsgründe wegen des – später zurückgenommenen Rechtsmittels – nicht nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt werden könnten.
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