31.08.2009 | Strafverfahren
Begrenzung einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung ist verfassungswidrig
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Die Rechtsprechung des BGH, nach der eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass eine von einem Rechtsanwalt bei Strafverteidigungen vereinbarte Vergütung, die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt, unangemessen hoch und damit zu kürzen ist, verstößt gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit und ist deshalb verfassungswidrig (BVerfG 15.6.09, 1 BvR 1342/07, Abruf-Nr. 092645). |
Sachverhalt
Der Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht, hat 2002 die Verteidigung eines in U-Haft einsitzenden Beschuldigten übernommen. Es wurde eine Honorarvereinbarung mit einem Stundensatzhonorar von 320 EUR geschlossen. Nach der Verurteilung des Beschuldigten stellte der Verteidiger für 63 Arbeitsstunden, Auslagen und Umsatzsteuer 23.911,05 EUR in Rechnung. Darauf wurden 6.874,84 EUR gezahlt. Der Rest wurde eingeklagt. Die Klage hatte nur wegen weiterer 11.514,04 EUR Erfolg. LG und OLG Dresden haben sie im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, das vereinbarte Honorar sei unangemessen hoch und auf den angemessenen Betrag, das Fünffache der gesetzlichen Höchstgebühren, herabzusetzen. Die Verfassungsbeschwerde des Anwalts führte zur Aufhebung der Urteile.
Entscheidungsgründe
LG und auch OLG hatten sich auf die Rechtsprechung des BGH (NJW 05, 2142) bezogen, wonach eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen soll, dass eine Vergütung eines Rechtsanwalts für Strafverteidigungen, die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt, unangemessen hoch sei und deshalb gegen das Mäßigungsverbot des § 3 Abs. 3 BRAGO (jetzt § 3a Abs. 2 RVG) verstoße. Das BVerfG hält diese Rechtsprechung für verfassungswidrig. Das wird im Wesentlichen mit folgenden Überlegungen begründet:
- Vergütungsvereinbarungen sind vom Staat grundsätzlich anzuerkennen. Die Parteien haben beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung das konkrete Mandat im Blick und treffen eine Vereinbarung unter Berücksichtigung von dessen Bedeutung sowie den für die Bearbeitung nötigen Arbeitsaufwand. Demgegenüber erheben die gesetzlichen Gebühren nicht den Anspruch, das konkrete Mandat nach diesen Maßstäben adäquat oder auch nur kostendeckend zu vergüten.
- Nur wichtige Belange des Allgemeinwohls rechtfertigen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts (Art. 12 GG) durch Überprüfung der vereinbarten Vergütung auf ihre Angemessenheit hin. Der Rechtsanwalt übt einen freien Beruf aus, bei dem sich ein kommerzielles Denken nicht schlechthin verbietet.
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