01.07.2005 | Strafverfahren
Pflichtverteidiger: Gebühren beim Freispruch
Auf den nach einem Freispruch gegebenen Kostenerstattungsanspruch des Angeklagten hinsichtlich der Gebühren seines Verteidigers, der bereits vor dem 1.7.04 für ihn als Wahlverteidiger tätig gewesen ist, aber erst nach dem 1.7.04 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist, ist das RVG anwendbar (OLG Celle 17.5.05, 1 Ws 167/05, rkr., n.v., Abruf-Nr. 051671). |
Sachverhalt
Gegen den Beschuldigten war ein Sicherungsverfahren anhängig. In dem wurde er von einem Anwalt verteidigt. Dieser hatte am 25.4.03 die Wahlverteidigung des Beschuldigten angezeigt. Im Hauptverhandlungstermin vom 12.11.04 wurde er als Pflichtverteidiger beigeordnet. Die Strafkammer hat die Unterbringung des Beschuldigten abgelehnt und nach § 467 Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Beschuldigten entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt. Der Anwalt hat bei der Abrechnung die Gebührensätze des RVG angesetzt. Der Rechtspfleger hat die Gebühren nur in Höhe der nach der BRAGO entstandenen Wahlverteidigergebühren festgesetzt. Die Erinnerung des Anwalts hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach inzwischen gefestigter Ansicht in der Rechtsprechung der Obergerichte richten sich die Gebühren eines nach dem 1.7.04 beigeordneten Verteidigers, der zuvor als Wahlverteidiger tätig war, für das gesamte Verfahren nach dem RVG. Dies gilt auch hinsichtlich der als notwendige Auslagen geltend gemachten Wahlverteidigervergütung. Bei diesen Auslagen handelt es sich nicht um Anwaltsgebühren auf Grund des vor der Beiordnung erfolgten unbedingten Auftrags, sondern um Gebühren aus dem später durch Beiordnung begründeten Pflichtverteidigerverhältnis, infolge dessen der Anwalt von dem Beschuldigten die Gebühren eines gewählten Verteidigers verlangen kann. Der Anspruch aus § 52 RVG erwächst originär aus der Beiordnung. Der Anspruch entsteht kraft Gesetzes mit der Wirksamkeit der gerichtlichen Bestellung und ist unabhängig vom Willen und Auftrag des Beschuldigten.
Praxishinweis
Zutreffend ist die Ansicht des OLG zur Anwendung des RVG auf den Gebührenanspruch des Anwalts, der vor dem 1.7.04 als Wahlanwalt tätig war, aber erst nach dem 1.7.04 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist (dazu RVG prof. 05, 70). Das OLG übersieht aber, dass § 52 RVG den Anspruch des Pflichtverteidigers gegen seinen Mandanten regelt. Nach dessen Freispruch geht es jedoch nicht um diesen Anspruch, sondern um den Kostenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse. Dieser berechnet sich aber auf Grund des vor dem Stichtag erteilten Auftrags nach der BRAGO (dazu Volpert in Burhoff (Hrsg.), RVG in Straf- und Bußgeldsachen, Vergütungs-ABC: Übergangsvorschriften [§§ 60 f.]). Dies ist auch die Auffassung der überwiegenden Meinung zu § 100 BRAGO (OLG Düsseldorf JurBüro 96, 189). Die Festsetzung der Gebühren nach der BRAGO durch den RPfleger war also zutreffend.
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