01.10.2007 | Strafverfahren
Verbindung von Verfahren und Pflichtverteidigerbestellung
Zur Festsetzung von Grundgebühr und Verfahrensgebühr bei Verbindung von Verfahren im Berufungsverfahren (LG Stuttgart 5.2.07, 14 Qs 2/07, n.v., Abruf-Nr. 072748). |
Sachverhalt
Der Anwalt war Wahlverteidiger des Angeklagten im Verfahren 1. Nachdem der Angeklagte verurteilt worden war, legte der Anwalt Berufung ein und beantragte mit Schriftsatz vom 21.2.06 beim LG, ihn für das Berufungsverfahren als Pflichtverteidiger beizuordnen. Mit Schriftsatz vom 28.2.06 legitimierte er sich als Verteidiger für ein weiteres, gegen den Angeklagten beim LG geführtes Berufungsverfahren und beantragte Akteneinsicht. Mit Beschluss des LG vom 17.3.06 wurden die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und der Anwalt als Pflichtverteidiger beigeordnet. Mit seinem Gebührenfestsetzungsantrag beantragte er auch für das Verfahren 2 die Festsetzung einer Verfahrensgebühr Nr. 4125 VV RVG. Diese ist ihm nicht gewährt worden. Das LG hat allerdings im Beschwerdeverfahren für das Verfahren 1 eine Grundgebühr festgesetzt, die vom Anwalt nicht beantragt war.
Entscheidungsgründe
Der Anwalt erhält für den Berufungsrechtszug gemäß § 48 Abs. 5 S. 2 RVG Gebühren auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt der Bestellung. Werden mehrere Verfahren miteinander verbunden, erhält der Anwalt des Weiteren nach § 15 Abs. 4, § 48 Abs. 5 S. 2 RVG bis zur Verbindung für jedes Verfahren gesonderte Gebühren, da jedes Verfahren eine eigene Angelegenheit i.S. des § 15 RVG darstellt. Die Verbindung hat keinen Einfluss auf bis dahin entstandene Gebühren.
Eine Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren 2 ist jedoch nicht entstanden. Der Beschwerdeführer hatte sich lediglich mit Schriftsatz vom 28.2.06 als Verteidiger legitimiert und Akteneinsicht beantragt. Eine Verfahrensgebühr fällt deswegen nicht an. Hierfür war (nur) die Grundgebühr festzusetzen. Statt der beantragten Verfahrensgebühr im Verfahren 2 war aber gemäß § 48 Abs. 5 RVG auch eine weitere – ausdrücklich nicht beantragte und bisher auch nicht festgesetzte – Grundgebühr für die Tätigkeit des Anwalts für das nach Verbindung führende Verfahren 1 entstanden. Diese Grundgebühr war zum Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung bereits entstanden und sie wurde durch die Verbindung nicht berührt. Diese noch nicht festgesetzte Grundgebühr für das Verfahren 1 ist trotz Antragszwangs zuzusprechen, da sich das Beschwerdegericht – ähnlich wie bei § 308 Abs. 1 ZPO – nur summenmäßig an die Antragsforderung des Beschwerdeführers, nicht jedoch auch hinsichtlich der Einzelposten, gebunden sieht.
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