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  • Streitwert
    So bemessen Sie den Streitwert bei der Erledigung des Rechtsstreits richtig
    von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg
    Die richtige Streitwertberechnung bei Erledigung des Rechtsstreits richtet sich danach, ob es sich um eine einseitige Erledigungserklärung handelt oder um eine übereinstimmende und ob sich der gesamte Rechtsstreit oder nur ein Teil erledigt. Dazu im Einzelnen:
    Einseitige Erledigungserklärung
    Der BGH hat Folgendes entschieden: Der Streitwert bei einer einseitigen Erledigungserklärung des Klägers richtet sich ab dem Zeitpunkt der Erledigungserklärung nur noch aus den bis dahin angefallenen Kosten, wenn der Beklagte weiterhin Klageanweisung beantragt (NJW 61, 1210). Diese Ansicht hat er bestätigt (so BGH JurBüro 83, 255; FamRZ 90, 1225).
    Diese Ansicht kann aber weitestgehend als obsolet angesehen werden, denn eine Vielzahl erst- und insbesondere zweitinstanzlicher Gerichte lehnen diese Ansicht des BGH ab und bestimmen den Streitwert weiterhin nach dem Wert der Klageforderung (so z.B. OLG München JurBüro 89, 134; OLG Düsseldorf JurBüro 94, 114). Auch die Literatur bemisst den Streitwert nach dem Wert der Klageforderung (so z.B. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rn. 1518, 1529 ff. m.w.N.).
    Zöller vertritt die Ansicht, dass ein Feststellungsabschlag von 50 Prozent aus dem Wert der Hauptsache, begrenzt nach unten durch die Höhe der angefallenen Kosten, vorzunehmen ist (Zöller/Herget, 24 Aufl., ZPO, § 3 Rn. 16 "Erledigung der Hauptsache"). Dem kann nicht gefolgt werden. Denn der einseitige Erledigungsantrag kann nicht in einen Feststellungsantrag umgedeutet werden. Hält das Gericht die Klage für zulässig und begründet, muss es die Erledigung aussprechen. Die Erledigung bezieht sich auf die Hauptsache. Auf Grund der fehlenden Zustimmung des Beklagten bleibt die Hauptsache Streitgegenstand, so dass über die Kosten nicht gemäß § 91a ZPO nach Billigkeit, sondern gemäß §§ 91, 92 ZPO entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen zu entscheiden ist (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, a.a.O., Rn. 1511).
    Übereinstimmende Erledigungserklärung
    Bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien (§ 91a ZPO) errechnet sich der Streitwert aus der Summe der bis zur Erledigterklärung angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten (§ 22 Abs. 3 GKG), wenn über die Kostentragungspflicht verhandelt wird. § 21 GKG ist nicht anwendbar, da die Kosten kein Teil des Streitgegenstands sind. Zu beachten ist aber, dass der sich nun ergebende Streitwert durch den der Hauptsache begrenzt ist. Dies gilt für die Gerichts- und gemäß § 8 Abs. 1 BRAGO auch für die Anwaltskosten (BRAGO prof. 03, 43; Anders/Gehle/Kunze, Streitwertlexikon "Erledigung der Hauptsache", S. 137).
    Werden in der Klage neben dem Hauptanspruch noch Nebenforderungen, z.B. Zinsen, geltend gemacht und wird der Rechtsstreit nur in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, ist im Umfang der Kosten nach § 91a ZPO und hinsichtlich des streitig gebliebenen Teils nach §§ 91, 92 oder 93 ZPO zu entscheiden (Meyer, JurBüro 00, 524).
    Teilweise Erledigungserklärung
    Hier unterscheidet der BGH zwischen übereinstimmender und einseitiger Teilerledigungserklärung (BGH KostRspr. § 3 ZPO Nr. 1074):
  • bei übereinstimmender Teilerledigung wird über den verbleibenden Hauptsacherest sowie die Pflicht zur Kostentragung verhandelt, so dass sich der Streitwert nach der restlichen Hauptsache richtet. Die bis dahin angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten sind dem Wert nicht hinzuzurechnen (BGH NJW-RR 95, 1089; OLG Koblenz JurBüro 84, 1395), solange auch nur der geringste Teil der Hauptsache noch Streitgegenstand ist (OLG Karlsruhe JurBüro 88, 1723).
  • Bei einseitiger Teilerledigung sind zum verbleibenden Hauptsacherest dagegen die auf den erledigten Teil angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten zu addieren. Dies gilt auch, soweit über den nicht erledigten Teil ein Versäumnisurteil ergeht (OLG Köln JurBüro 91, 1385; HansOLG Hamburg JurBüro 90, 911).
    § 22 Abs. 3 GKG steht dieser Berechnung nicht entgegen, da der erledigte Teil neben der verbleibenden restlichen Hauptsache nicht eine Nebenforderung darstellt; ihm ist vielmehr ein eigenständiger Wert, der Kostenwert, beizumessen (OLG Stuttgart JurBüro 89, 1166).
    Vereinzelt wird eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzberechnung angestellt, wonach zu ermitteln ist, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten werden, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert der nicht erledigten Hauptsache geführt hätte. Im Ergebnis ändert dies jedoch nichts an dem dargestellten Grundsatz, dass die restliche Hauptsache und die angefallenen Kosten den neuen Streitwert bilden (BGH NJW-RR 88, 1465; OLG Stuttgart JurBüro 89, 525).
    Diese Berechnungsmethode ist allerdings bereits insoweit abzulehnen, da hierdurch das Verfahren um die Streitwertbestimmung nur unnötig verkompliziert wird (OLG Nürnberg JurBüro 02, 368).
    Abrechnung nach dem RVG
    Hinsichtlich der Kostenentscheidungen gemäß § 91 ff. ZPO ergeben sich in Ansehung des RVG keine Veränderungen. Die Erledigterklärung als prozessuale Handlung führt aber nicht zum Entstehen der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG. Diese Gebühr entstammt § 24 BRAGO. Sie entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltunsgakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt.
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 07/2004, Seite 117
    Quelle: Ausgabe 07 / 2004 | Seite 117 | ID 106643