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  • 29.10.2009 | Streitwert

    So berechnen Sie die Gegenstandswerte in Mietsachen: Betriebskostenabrechnungen

    von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg

    Wird der Anwalt in einer Mietrechtsangelegenheit tätig, ist für seine Vergütung entscheidend, welchen Auftrag er erhalten hat. Sodann ist zu prüfen, ob die Tätigkeit des Anwalts auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann. Ist dies der Fall, bestimmt sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 RVG. Anderenfalls ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 RVG den Wertbestimmungen der Kostenordnung (KostO) zu entnehmen. Soweit sich der Wert hieraus nicht entnehmen lässt, ist er gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen.  

     

    Die Einzelheiten sind folgender Checkliste zu entnehmen:  

     

    Checkliste: Gegenstandswerte für Tätigkeiten i.Z. mit Betriebskostenabrechnungen
    • Erstellung einer Abrechnung: Geht der Auftrag des Anwalts dahin, eine Betriebskostenabrechnung zu erstellen, richtet sich der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 2 RVG nach den Bestimmungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KostO, wenn eine Nebenleistung der Gegenstand eines besonderen Geschäfts ist und insoweit zum Hauptgegenstand wird (Hartmann 39. Aufl. § 18 KostO Rn. 8, 9). Da die Erstellung der Abrechnung Aufgabe des Vermieters ist, kann ein diesem Auftrag zugrunde liegendes Recht bzw. Rechtsverhältnis nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Der Geschäftswert ergibt sich aus der Summe der zu prüfenden Rechnungspositionen. Es findet somit eine Werteaddition gemäß § 5 GKG statt (Meyer 6. Aufl. § 5 GKG).

     

    Beispiel: Auftrag, die Betriebskostenabrechnung für ein Mietshaus vorzunehmen mit Kosten i.H. von 35.000 EUR. Hierin sind auf die Mieter umlagefähige, belegte Kosten von 10.000 EUR enthalten, fernerhin Verwaltungskosten von 13.000 EUR. Eine Aufspaltung wegen der umlagefähigen Kosten oder gar ein Abschlag hinsichtlich der Verwaltungspositionen findet nicht statt. Der Gesamtgegenstandswert beläuft sich auf 35.000 EUR. Eine Gebührenberechnung aus den vorgenannten einzelnen Rechnungsposten findet im Hinblick auf § 5 GKG also nicht statt.

     

    Selbst nicht zu den Betriebskosten gehörende Kosten wären bei der Werteaddition zu berücksichtigen, da sie ebenfalls Gegenstand des erhaltenen Gesamtauftrags gewesen wären.

     

    Unberücksichtigt bleibt die Frage, ob und welche Rechnungsposten umlagefähig sind oder nicht. Auch solche Rechnungsposten, die in die Betriebskostenabrechnung nicht aufzunehmen bzw. in dieser nicht zu berücksichtigen sind, sind bei der Ermittlung des Geschäftswerts zu berücksichtigen. Der Geschäftswert umfasst mithin sämtliche Belege, die dem Anwalt zur Prüfung zum Zwecke der Erstellung der Abrechnung überlassen wurden.

     

    • Überprüfung einer Abrechnung: Für die Wertbestimmung ist § 18 Abs. 2 KostO i.V. mit § 23 Abs. 2 RVG maßgebend. Da hier der Gegenstand der Tätigkeit sich auf eine bereits erstellte Abrechnung bezieht, ist als Wert die Summe der Rechnungspositionen zugrunde zu legen. Die auf die Gesamtabrechnung gegebenenfalls bereits geleisteten Vorauszahlungen sind nicht zu berücksichtigen, da diese nicht Bestandteil der Prüfung der Abrechnung sind. Dies gilt auch für den Fall, in dem der Anwalt vom Mieter mit der Prüfung der Betriebskostenabrechnung beauftragt wurde; vom Mieter bereits erbrachte Vorauszahlungen sind in diesem Fall nicht zu berücksichtigen.

     

    • Prüfung der Abrechnung und Saldoeinforderung: Hat der Anwalt den Auftrag, die Abrechnung zu prüfen und sodann sich ergebende Nachzahlungsansprüche einzufordern, ist von unterschiedlichen Gegenstandswerten auszugehen. Während der Prüfungsauftrag einem gerichtlichen Verfahren nicht zugänglich ist, kann der Auftrag zum Forderungseinzug in ein gerichtliches Verfahren münden. Beim Prüfungsauftrag wird der Gegenstandswert aus der Summe aller Rechnungsposten gebildet, beim Inkassoauftrag aus der konkret einzufordernden Summe, sodass hierfür § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG maßgebend sind. Zu beachten ist, dass es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt, sodass eine Wertaddition nicht in Betracht kommt und getrennte Gebührenberechnungen vorzunehmen sind.

     

    • Prüfung von Einzelpositionen: Für die Prüfung von Einzelpositionen der Gesamtkostenabrechnung, z.B. zur Frage der Umlagefähigkeit, ist der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 1 GKG i.V. mit § 9 ZPO zu errechnen. Ausgangspunkt ist der jeweilige Rechnungsbetrag selbst.

     

    Soweit es sich nicht um eine einmalige Rechnungsposition, sondern um eine wiederkehrende handelt, ist gemäß § 9 ZPO der 3 ½-fache Jahresbetrag maßgebend. Sofern die Laufzeit des Mietvertrags zum Zeitpunkt der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Anwalt kürzer ist, ist dieser kürzere Zeitraum maßgebend.

     

    • Anspruch auf Rechnungslegung: Der Mieter hat gegen seinen Vermieter einen Anspruch auf Rechnungslegung über die von ihm geleistete Nebenkostenvorauszahlung. Dieser Anspruch ist gerichtlich durchsetzbar. Der Anspruch auf Rechnungslegung ist Voraussetzung, um eine mögliche Forderung auf Rückzahlung zuviel gezahlter Nebenkosten geltend zu machen. Hinsichtlich dieses Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs ist bei der Wertberechnung auf den zu erwartenden Rückzahlungsanspruch ein Abschlag vorzunehmen, der in der Rechtsprechung allerdings unterschiedlich veranschlagt wird:

     

    Auszugehen ist von einem Abschlag von 1/10 (LG Köln WuM 97, 447; LG Freiburg WuM 91, 504; LG Stuttgart WuM 89, 434) bis 1/4 (OLG Koblenz DJB 05, 39). Nach AG Konstanz (WuM 92, 494) beträgt der Abschlag 1/3. Er errechnet sich aus der Höhe der im Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen. Das Gericht geht davon aus, dass der Vermieter verpflichtet ist, die Vorauszahlungen treuhänderisch zu verwalten und dass die Abrechnung nach § 259 BGB erfolgt. Danach hat der Mieter den Anspruch auf Rechenschaftserklärung über alle Einnahmen und Ausgaben, da der Vermieter auch hierüber abrechnet und nicht über Teilbeträge. Grundlage der Wertberechnung ist der Gesamtbetrag der abzurechnenden und auf den Mieter entfallenden Betriebskosten. Da es sich um einen Auskunftsanspruch handelt, ausgehend vom jeweiligen Kenntnisstand des Mieters, ist der Gesamtbetrag nur anteilig zu berücksichtigen, und zwar zwischen 1/10 bis zu 1/4 (OLG Bamberg JurBüro 87, 266). Hinzuzurechnen ist ggf. der für die Erstellung der Abrechnung zu erbringende Zeit- und Kostenaufwand (OLG Hamburg OLGR 99, 99; Schneider/Herget Streitwertkommentar 11. Aufl. „Rechnungslegung“ Nr. 3560 ff).

     

    Die Höhe des möglichen Rückzahlungsanspruchs ist der Wertberechnung zugrunde zu legen, wenn sich das Interesse des Mieters auf die Einsichtnahme in die der Abrechnung zugrunde liegenden Kostenbelege beschränkt.

     

    • Änderung der Vorauszahlungen: Der Gegenstandswert ist nach § 41 Abs. 5 GKG zu berechnen. Maßgebend ist der Jahresbetrag der Differenz zwischen der bisherigen und künftig verlangten Vorauszahlung. § 9 ZPO kommt nicht zur Anwendung, da die Betriebskostenvorauszahlung der jährlichen Abrechnung unterliegt und für das Folgejahr eine neue Abrechnungsperiode gegeben ist, sodass von wiederkehrenden Leistungen i.S. des § 9 ZPO nicht ausgegangen werden kann.

     

    • Feststellungsbegehren: Besteht das Interesse des Mieters an der Feststellung, ob Vorauszahlungen zu leisten sind, ist für den Gebührenwert nach § 23 Abs. 1 RVG der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert anzusetzen. Das Interesse des Mieters ist dabei zu schätzen. Nachdem eine Anwendung des § 41 GKG nicht in Betracht kommt, ist von § 9 ZPO auszugehen. Da sich das Feststellungsbegehren des Mieters nicht auf einen bestimmten Vorauszahlungszeitraum beschränkt, ist von einer wiederkehrenden Leistung in Bezug auf die Vorauszahlung auszugehen. Im Rahmen des Feststellungsbegehrens ist dieses Interesse mit einem Abschlag von 20 Prozent zu versehen (LG Berlin JurBüro 01, 96, Schneider-Herget, Streitwertkommentar, Rn. 2933).
     

     

    Quelle: Ausgabe 11 / 2009 | Seite 197 | ID 131120