02.03.2011 | Terminsgebühr
Geplatzter Berufungstermin in Zivilsachen: Kann die Terminsgebühr trotzdem entstehen?
von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3200 VV RVG in Verbindung mit Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG für die Vertretung in einem Gerichtstermin entsteht nur, wenn der Termin auch stattfindet. Dies setzt voraus, dass das Gericht, sofern nicht förmlich aufgerufen wird, zumindest konkludent mit dem Termin „begonnen“ hat (BGH 12.10.10, VIII ZB 16/10, Abruf-Nr. 103971). |
Sachverhalt
Im Berufungsverfahren war Termin für den 27.11.08, 9.20 Uhr anberaumt. Die Rücknahme der Berufung der Kläger ging am 26.11.08 um 19.24 Uhr per Fax beim Rechtsanwalt der Beklagten und am 27.11.08 um 9.13 Uhr bei Gericht ein. Darüber hinaus hatte die Prozessbevollmächtigte der Kläger den Vorsitzenden kurz vor dem Termin telefonisch unterrichtet. Dieser hob daraufhin den Termin auf. Im Aushang vor dem Gerichtssaal war der Termin nicht abgesetzt worden, er wurde jedoch nicht aufgerufen, sondern der Rechtsanwalt der Beklagten über die Berufungsrücknahme informiert. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden den Klägern auferlegt.
Der Beklagte hat für das Berufungsverfahren die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr Nr. 3202 VV RVG gegen die Kläger beantragt, weil er erst bei Gericht von der Berufungsrücknahme informiert wurde und er von der per Fax eingegangenen Berufungsrücknahme erst am 27.11.08 nach Rückkehr von dem Gerichtstermin Kenntnis erlangt hatte. Das AG setzte die Terminsgebühr gegen die Kläger fest. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das LG zurück. Die zugelassene Rechtsbeschwerde war beim BGH erfolgreich und führte zur Absetzung der Terminsgebühr.
Entscheidungsgründe
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr u.a. für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Das RVG regelt allerdings nicht, was unter einem Termin i.S. des Vergütungsverzeichnisses zu verstehen ist. Da Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG die Vertretung „in“ einem der aufgeführten gerichtlichen Termine voraussetzt, legt nach Auffassung des BGH der Wortlaut nahe, dass dieser Termin auch stattfinden muss. Hierüber entscheidet das Gericht. Grundsätzlich beginnt der Termin mit dem Aufruf der Sache durch das Gericht (§ 220 Abs. 1 ZPO). Es reicht aber auch aus, dass das Gericht konkludent mit dem Termin beginnt. Vorliegend hat aber kein Termin begonnen. Denn ein Aufruf der Sache ist nicht erfolgt. Aus einer Aktennotiz des Vorsitzenden ergibt sich zudem, dass der Termin auch nicht „begonnen“ wurde. Somit konnte keine Terminsgebühr entstehen. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass sich an diesem Ergebnis auch nichts dadurch ändert, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in Unkenntnis der Berufungsrücknahme und der Terminsaufhebung zum anberaumten Termin erschienen ist. Zwar erhält der Rechtsanwalt in Strafsachen die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem Termin erscheint, der aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet und er nicht rechtzeitig von der Aufhebung des Termins in Kenntnis gesetzt wurde (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 und 3 VV RVG). In der für Zivilsachen geltenden Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG fehlt jedoch eine solche Regelung. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich zu den Gründen dieser Differenzierung nichts herleiten (BT-Drucks. 15/1971, S. 209, 221). Deshalb ist davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 und 3 VV RVG nur in Strafsachen anzuwenden.
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