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  • 01.02.2010 | Verfahrensgebühr

    Das müssen Sie bei der Abrechnung des Adhäsionsverfahrens beachten

    von Dipl.Rpfl.in (FH) Karin Scheungrab, Leipzig

    Die Abrechnung des sich an das Strafverfahren anschließenden Adhäsionsverfahrens bereitet in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten. Gemäß §§ 403 ff. StPO können im Strafverfahren vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten oder seiner Erben geltend gemacht werden. Die Abrechnung erfolgt - auch wenn es sich um ein reines strafrechtliches Verfahren handelt - über die Wertgebühren der Nr. 4143, 4144 VV RVG.  

     

    Beispiel

    Die Eltern der durch einen Verkehrsunfall tödlich verletzten Tochter beauftragen Rechtsanwalt R zunächst nur mit der Stellung eines Strafantrags mit dem Ziel einer Anklage gegen den ihrer Meinung nach unfallverursachenden Fahrer. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens - R hatte Akteneinsicht genommen und diverse Schriftsätze verfasst - wird Anklage erhoben. Die Anklage wird zur Hauptverhandlung zugelassen und R wird nun beauftragt, für die Eltern deren Zulassung als Nebenkläger zu beantragen und diese insoweit zu vertreten. Entsprechender Beschluss ergeht antragsgemäß. Am ersten Tag der Hauptverhandlung beantragt der Anwalt weisungsgemäß zu Protokoll, den Angeklagten im Wege des Adhäsionsverfahrens zur Zahlung von Schadenersatz i.H. von 5.000 EUR zu verurteilen und ihm auch insoweit die Kosten aufzuerlegen. Nach umfangreicher Durchführung der Beweisaufnahme wird der Angeklagte durch Urteil vom selben Tag aus Mangel an Beweisen freigesprochen.  

    Daraufhin entschließen sich die Eltern, ihre Ansprüche im Wege einer Zivilklage geltend zu machen. Nachdem trotz wiederum umfangreicher Beweisaufnahme aber auch die Zivilklage vom AG abgewiesen wird, verzichten die Eltern auf Fortführung des Rechtsstreits.  

     

    Welche Gebühren kann R abrechnen? Im Folgenden werden die Mittelgebühren angesetzt.  

     

    I. Strafantrag:  

    Verfahrensgebühr Nr. 4302 VV RVG  

    135,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Zwischensumme netto  

    155,00 EUR  

     

    Die Gebühren für die Stellung des Strafantrags müssen gemäß Vorbem. 4.3., IV VV RVG auf die nachfolgenden Gebühren in vollem Umfang angerechnet werden:  

    Verbleiben (I.)  

    20,00 EUR  

     

    II. Nebenklage: Die Tätigkeit als Nebenklägervertreter kann gemäß Vorbem. 4, Abs. 1 VV RVG wie die Tätigkeit des Verteidigers abgerechnet werden.  

     

    Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG  

    165,00 EUR  

    Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG  

    140,00 EUR  

    Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG  

    140,00 EUR  

    Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG  

    230,00 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Zwischensumme (II.) netto  

    695,00 EUR  

     

    III. Adhäsionsverfahren (Wert: 5.000 EUR):  

    2,0 Verfahrensgebühr Nr. 4143 VVRVG  

     

    0,3 Erhöhung Nr. 1008 VV RVG  

    692,30 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Zwischensumme (III.) netto  

    712,30 EUR  

     

    IV. Zivilverfahren (Wert: 5.000 EUR):  

    1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  

     

    0,3 Erhöhung Nr. 1008 VV RVG  

    481,60 EUR  

    1,2 Terminsgebühr Nr. 3102 VV RVG  

    361,20 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Zwischensumme (IV.) netto  

    862,80 EUR  

     

    Anrechnung der Verfahrensgebühr des Adhäsionsverfahrens gemäß Nr. 4143 Abs. 2 VV RVG zu 1/3 auf die Verfahrensgebühr des Zivilverfahrens (692,30:3)  

    230,77 EUR  

    Zwischensumme (V.) netto  

    - 230,77 EUR  

    Zwischensumme I. - V.:  

    2.059,33 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 19 %  

    391,27 EUR  

     

    2.450,60 EUR  

     

     

     

    Abwandlung

    Kann im Zivilprozess unter Mitwirken des R eine Einigung zur Schadenhöhe getroffen werden, kann auch eine Einigungsgebühr geltend gemacht werden.  

     

    1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG  

    EUR 301,00  

     

     

    Die Abrechnung eines gerichtlich bestellten oder beigeordneten Pflicht- verteidigers erfolgt nach den gleichen Grundsätzen; die Gebühren bestimmen sich im zivilrechtlichen Bereich nach § 49 RVG.