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  • 01.05.2006 | Vergütungsvereinbarungen

    Neue Chance ab 1.7.06: Wählen Sie für jedes Mandat die passende Vergütungsvereinbarung

    von RA U.W. Hauskötter, Dortmund

    Zum 1.7.06 fallen die gesetzlichen Gebühren für die außergerichtliche Beratung weg. Nutzen Sie dies, um mit Vergütungsvereinbarungen Ihr Gebührenaufkommen profitabler zu gestalten. „RVG professionell“ stellt Ihnen in den folgenden Ausgaben verschiedene Vergütungsvereinbarungen mit ihren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Besonderheiten vor. Die Modelle entsprechen den „Thesen zu Vergütungsvereinbarungen“ der Arbeitsgruppe der Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern (die Broschüre ist bei den Rechtsanwaltskammern erhältlich; dazu auch RVG prof. 06, 34).  

     

    Checkliste: Arten von Vergütungsvereinbarungen

    Arten der  

    Vergütungsvereinbarung  

    Konsequenzen für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen  

    Vereinbarung nicht mehr geltenden „alten“ Gebührenrechts  

    Es können z.B. die Regelungen der BRAGO vereinbart werden. Dasselbe gilt für die ab 1.7.06 aufgehobenen RVG-Vorschriften.  

     

    Beispiel: Vereinbarung  

    • einer Beweisgebühr für Beweisaufnahmen nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO i.H. von 10/10 nach dem Gegenstandswert;
    • der BRAGO insgesamt für eine Prozessvertretung;
    • einer Beratungsgebühr für außergerichtliche Beratungen gemäß der bis zum 30.6.06 geltenden Nr. 2100 ff. VV RVG.

     

    Praxishinweis: Die Vergütung muss bestimmbar, also ziffernmäßig berechenbar sein. Bei Verbrauchern muss das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB eingehalten werden. Dazu müssen die Tatbestandsvoraussetzungen und Anmerkungen der Vergütungstatbestände und die Gebührenrahmen genannt werden. Ein Hinweis auf § 14 RVG bzw. § 12 BRAGO und deren Kriterien ist erforderlich. Die in Bezug genommenen Texte der außerkraftgetretenen Gebührenregelungen sollten als Anlage der Vergütungsvereinbarung beigefügt werden. Die alten Gesetzesbestimmungen sollten mit dem Mandanten besprochen werden. Die Besprechung ist zu dokumentieren.  

    Vereinbarung ausländischen Gebührenrechts  

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Für Mandate mit Auslandsbeziehung denkbar und zulässig ist die Vereinbarung ausländischen Gebührenrechts.  

    Beispiel: 

    • Vereinbarung des österreichischen „Rechtsanwaltstarifgesetzes“ (RATG) ganz oder von Teil II der österreichischen „Allgemeinen Honorar-Kriterien“ (AHK) für anwaltliche Dienstleistungen bei gerichtlichen Strafverfahren oder bei Disziplinarverfahren oder dem österreichischen „Notariatstarifgesetz“ (www.rechtsanwaelte.at).

     

    Praxishinweis: Ausländisches Gebührenrecht darf dem deutschen ordre public, also den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, der öffentlichen Ordnung, nicht widersprechen. Außerdem darf die Vereinbarung und das gewählte Recht nicht im Widerspruch zu dem in Deutschland maßgeblichen Berufsrecht stehen, z.B. zum Verbot des Erfolgshonorars (dazu ausführlich auf S. 76 in diesem Heft). Diese Einschränkung gilt nicht für ausländische Anwälte, soweit sie dem deutschen anwaltlichen Berufsrecht nicht unterstehen. Außerdem sollte bei Vereinbarung eines ausländischen Anwaltsgebührenrechts die Währung geregelt werden.  

    Vereinbarung von Gebührentatbeständen  

    Zulässig ist eine Vereinbarung über das Entstehen einer Gebühr für einen konkreten Sachverhalt, die nach RVG nicht entsteht.  

     

    Beispiel: Vereinbarung 

    • einer 1,2 Terminsgebühr für die Erwirkung eines Versäumnisurteils im einzigen Verhandlungstermin (entgegen Nr. 3105 VV RVG);
    • einer zusätzlichen Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG für den Fall einer Beweisaufnahme;
    • der Gebühren Nr. 3100 VV RVG anstelle der Gebühren aus Nrn. 3309, 3310 VV RVG in Verfahren nach § 33 FGG.

    Vereinbarung des mehrfachen Entstehens einer Gebühr  

    Zulässig ist auch, den wiederholten Anfall einer Gebühr zu vereinbaren, die nach dem RVG nur einmal entstehen würde.  

     

    Beispiel: Vereinbarung 

    • des Anfalls der Terminsgebühr für jeden durchgeführten Termin im zivilrechtlichen Gerichtsverfahren, z.B. bei Sorgerechtsverfahren mit unterschiedlichen Terminen (Anhörung Jugendamt, Sachverständiger, richterliche Anhörung oder für Bauprozesse mit mehreren Beweisterminen);
    • bei Strafverteidigung, dass die Terminsgebühr aus Nr. 4102 VV RVG ohne die Einschränkungen der Anmerkung entstehen, also für jeden Vernehmungstermin erneut und dies auch, wenn mehrere Termine an einem Tag stattfinden.

    Vereinbarung eines Mehrfachen der gesetzlichen Gebühren  

    Zulässig ist die Vereinbarung eines Faktors für gesetzliche Gebühren. Beispiel: Vereinbarung, dass  

    • die Anwaltsvergütung ein Fünffaches aller anfallenden gesetzlichen Anwaltsgebühren beträgt;
    • die Anwaltsvergütung jedenfalls das Fünffache der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG beträgt.

     

    Praxishinweis: Derzeit ziehen die Gerichte die Grenze für die Unangemessenheit einer vertraglichen Vergütungsvereinbarung im Zivilrecht etwa beim Sechs- bis Siebenfachen und im Strafrecht maximal beim Fünffachen der gesetzlichen Höchstgebühren. Für Prozessmandate ist zu beachten, dass von den gesetzlichen Mindestgebühren nach unten aus berufsrechtlichen Gründen nicht abgewichen werden darf, § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO.  

    Vereinbarung über die Bemessung einer Rahmengebühr  

    Es kann ein fester Gebührensatz vereinbart werden:  

     

    Beispiel: Vereinbarung, dass  

    • bei einer außergerichtlichen Vertretung eine 2,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG (ab 1.7.06: Nr. 2300) entsteht;
    • bei einer Strafsache mit einem Wahlverteidiger, die nach Teil 6 der Nrn. 4100 ff. VV RVG anfallenden Gebühren mit dem Höchstsatz abgerechnet werden.

    Vereinbarung der Nichtanrechnung von Gebühren  

    Auch die vom RVG an verschiedenen Stellen vorgesehenen Anrechnungen können ausgeschlossen werden.  

     

    Beispiel: Vereinbarung, dass  

    • die Anrechnung des Beratungshonorars/der Beratungsgebühr auf Gebühren für nachfolgende Tätigkeiten in der gleichen Angelegenheit entfällt (Ausschluss von Nr. 2100 VV RVG Anm. Abs. 2 bzw. ab dem 1.7.06 von § 34 Abs. 2 RVG n.F.);
    • die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG entfällt;
    • die Anrechnung der Verfahrensgebühr im Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr für einen nachfolgenden Rechtsstreit nach der Anm. zu Nr. 3305 VV RVG entfällt.

     

    Praxishinweis: Um bei Vergütungsvereinbarungen mit Verbrauchern nicht in AGB-rechtliche Probleme zu kommen, sollten die Anrechnungsbestimmungen nicht pauschal abbedungen werden. Besser sollten die konkreten Anrechnungsvorschriften unter Angabe ihrer Standorte im Vergütungsverzeichnis und mit kurzer Wiedergabe der Anrechnungsregelung genau bezeichnet werden.  

    Vereinbarung des Ausschlusses von Kappungs- und Reduzierungsregeln  

    Erlaubt ist der vertragliche Ausschluss von Kappungsgrenzen oder gesetzlich vorgesehener Reduzierungen für bestimmte Verfahren.  

     

    Beispiel: Vereinbarung, dass  

    • die Kappung der Geschäftsgebühr auf 1,3 nach Anm. zu Nr. 2400 VV RVG (ab 1.7.06: Nr. 2300) nicht anzuwenden ist, wenn die anwaltliche Tätigkeit nicht schwierig oder umfangreich ausfällt;
    • die Reduzierung der Geschäftsgebühr im verwaltungsrechtlichen Vorverfahren, falls der Anwalt bereits im Verwaltungsverfahren tätig war, nach Nr. 2401 VV RVG (ab 1.7.06: Nr. 2301) nicht stattfindet;
    • die Reduzierung der Terminsgebühr aus Nr. 3105 VV RVG nicht stattfindet, falls ein Versäumnisurteil ergeht, weil die gegnerische Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist;
    • beim Erstberatungsgespräch die Kappungsgrenze auf maximal 190 EUR gemäß Nr. 2102 VV RVG (ab 1.7.06: § 34 Abs. 1 RVG n.F.) keine Anwendung findet, z.B. bei umfänglichen Erstberatungen in Familiensachen oder Erbschaftsangelegenheiten.

    Vereinbarung zur Definition der „Angelegenheit“  

     

    Auch § 15 Abs. 2 RVG, wonach der Anwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann, ist abdingbar.  

     

    Beispiel: Vereinbarung, dass  

    verschiedene Verfahrensabschnitte, die nach §§ 16 ff. RVG zu einer Angelegenheit zusammengefasst sind, als verschiedene Angelegenheiten behandelt werden und jeweils eigenständig die Gebühren erneut entstehen können, z.B. in WEG-Verfahren, bei denen einstweilige Anordnungen keine selbstständigen Angelegenheiten sind.  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2006 | Seite 73 | ID 91850