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  • 01.10.2005 | Verkehrsunfallschadenregulierung

    Verschenken Sie kein Geld bei der Abrechnung nach den Regulierungsempfehlungen

    von RA Rita Zorn, Gernsbach

    Rechnet der Anwalt mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer nach dem Erledigungswert ab, kann er gegenüber dem Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherung (RSV) keine weiteren Ansprüche geltend machen. Dies hat das OLG Düsseldorf zu den alten Regulierungsempfehlungen entschieden. Dies dürfte aber auch für die neuen Abrechnungsgrundsätze der Allianz, DEVK, Landwirtschaftliche Brandkasse Oldenburg, Württembergische, VGH und VHV gelten. Der Beitrag zeigt, in welchen Ausnahmefällen der Anwalt dennoch den Rest vom Mandanten/der RSV fordern kann.  

     

    Der praktische Fall

    Leitsatz: Bei der Abrechnung der Gebühren nach den Regulierungsempfehlungen mit dem eintritts-pflichtigen Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf der Basis des Erledigungswerts können weitergehende Gebührenansprüche gegenüber dem Mandanten bzw. dessen RSV insoweit nicht mehr geltend gemacht werden. Ergibt sich jedoch eine Differenz zwischen Erledigungswert und Auftragswert, hat der Rechtsanwalt aus dem Wert der Differenz weitere Ansprüche gegen den Mandanten (OLG Düsseldorf 24.5.05, I-24 U 191/04, n.v., Abruf-Nr. 052543).  

     

    Sachverhalt: Die Klägerin, eine RSV, beanspruchte die von ihr an den beklagten Anwalt geleisteten Vorschusszahlungen für dessen Tätigkeit bei einer Unfallschadenregulierung aus dem Wert der geforderten Ansprüche von rund 150.000 EUR zurück. Nach Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs erhielt der Beklagte vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ca. 38.000 EUR. Auf der Grundlage dieses Erledigungswerts wurden die Gebühren nach den Regulierungsempfehlungen mit 17,5/10, ca. 1.578,50 EUR reguliert. Klage und Berufung hatten nur teilweise Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe und Konsequenzen für die Praxis: Der Anwalt kann auch bei der Gebührenabrechnung nach den Regulierungsempfehlungen seine Gebühren aus dem Auftragswert gegenüber dem Mandanten fordern, wenn dieser höher ist als der Erledigungswert (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., Anhang 11, S. 1480). Er kann die Gebührendifferenz auch auf Grund der gesetzlichen Gebühren berechnen, ohne an die Gebührensätze des Abkommens gebunden zu sein (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O.). Maßgeblich ist der Umfang der Leistungen des Versicherers.  

     

    • Bei vollständiger Regulierung ist der Anwalt an die ggf. geringeren Gebührensätze der Regulierungsempfehlungen gebunden. Die Bindung besteht gegenüber dem Haftpflichtversicherer und zu Gunsten des Schädigers. Der Anwalt erklärt zum Zweck der rationelleren Abwicklung von Unfallregulierungen konkludent namens des Mandanten den Verzicht auf die Erstattung der höheren gesetzlichen Gebühren. Der Mandant kann nicht in Anspruch genommen werden.

     

    • Bei Teilregulierung ist der Anwalt nur gehindert, Gebühren aus dem Gegenstandswert des regulierten Teils zu erheben. Liegt der Auftragswert höher, wird er aber nicht vollständig reguliert, z.B. auf Grund eines Mitverschuldens, bleibt wegen der Streitwertdifferenz ein Gebührenanspruch gegenüber dem Mandanten bestehen.

     

    Bei der Berechnung der Vergütungsdifferenz sind von den gesetzlichen Gebühren gemäß Auftragswert die gesetzlichen Gebühren gemäß Erledigungswert abzuziehen, da dieser Wertanteil verbraucht ist.  

     

    Beispiel: Rechtsanwalt R soll für den rechtsschutzversicherten Mandanten M materielle und immaterielle Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall in Höhe von 150.000 EUR fordern. R einigt sich mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers, dass gegen Zahlung von 38.000 EUR alle Ansprüche des M erledigt sind. Welche Gebühren kann R bei der Abrechnung nach den Abrechnungsgrundsätzen gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung abrechnen? Kann R auch noch gegenüber seinem Mandanten bzw. dessen RSV abrechnen? Wenn ja, in welcher Höhe?  

     

    Lösung: R kann gegenüber dem Haftpflichtversicherer wie folgt abrechnen:  

     

    1. Abrechnung gegenüber Haftpflichtversicherer nach den neuen Abrechnungsgrundsätzen  

    2,1 Gebühr nach Abrechnungsgrundsätzen aus 38.000 EUR  

     

    1.894,20 EUR  

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

     

    20,00 EUR  

     

     

    1.914,20 EUR  

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 %  

     

    306,27 EUR  

     

     

    2.220,47 EUR  

    R kann aber auch noch gegenüber seinem Mandanten bzw. dessen RSV abrechnen:  

     

    2. Abrechnung gegenüber Mandant/RSV 

     

     

    a) Gesetzliche Gebühren aus Auftragswert 150.000 EUR  

     

     

    2,0 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG  

     

    3.170,00 EUR 

    1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG  

     

    2.377,50 EUR 

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

     

    20,00 EUR 

     

     

    5.567,50 EUR  

    b) Gesetzliche Gebühren aus Erledigungswert 38.000 EUR  

     

     

    2,0 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG  

     

    1.804,00 EUR 

    1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG  

     

    1.353,00 EUR 

    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG  

     

    20,00 EUR 

     

     

    3.177,00 EUR  

    3. Kostendifferenz 

     

     

     

    5.567,50 EUR 

     

     

    ./. 3.177,00 EUR  

     

     

     

    2.390,50 EUR 

    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 %  

     

    382,48 EUR 

     

     

    2.772,98 EUR  

     

     

    M bzw. die RVS müssen den Betrag von 2.772,98 EUR an R zahlen. Vorschüsse der RSV sind nur insoweit an diese zurück zu zahlen, als der Betrag überschritten wird.  

     

    Das OLG teilt die Ansicht der RSV nicht, dass die Gebührendifferenz der Höhe nach auf den Wert des Gebührensatzes der Regulierungsempfehlungen (jetzt Abrechnungsgrundsätze) beschränkt sei (hier 2,1 Gebühr aus 150.000 EUR). Eine weitergehende Besserstellung des Mandanten bzw. der RSV sei durch die Regulierungsempfehlungen (jetzt Abrechnungsgrundsätze) nicht bezweckt.  

     

    Praxishinweis: Der Anwalt muss seinen Mandanten in jedem Fall darauf hinweisen, dass die Gebührenansprüche u.U. nicht vollständig vom eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer erstattet werden und der Mandant in diesen Fällen einen Anteil der Gebühren selbst tragen muss.  

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2005 | Seite 165 | ID 91955