Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • Verwaltungsrecht
    Außergerichtliche Verwaltungsverfahren nach dem RVG richtig abrechnen
    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Abrechnungsfälle im verwaltungsrechtlichen Mandat nach dem RVG.
    Gesonderte Regelung für verwaltungsrechtliche Angelegenheit
    Das RVG hat teilweise die Strukturen der BRAGO übernommen, so z.B. bei der Regelung der Angelegenheit in § 15 RVG, der § 13 BRAGO entspricht. Eine Ausnahme bilden die Gebühren für das verwaltungsrechtliche Mandat. Hier enthalten §§ 16 und 17 RVG differenzierende Regelungen, die zum Teil erheblich von der BRAGO abweichen.
    Vertretung außerhalb eines Verwaltungsverfahrens
    Für die außergerichtliche Beratung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten erhält der Anwalt die Beratungsgebühr von 0,1 bis 1,0 nach Nr. 2100 VV RVG. Diese entsteht für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft. Die Mittelgebühr liegt bei 0,55.
    Beispiel 1: Vertretung außerhalb eines Verwaltungsverfahrens
    Mandant M möchte wissen, ob sein Bauvorhaben genehmigungsbedürftig ist (Wert: 4.000 EUR). Welche Gebühren kann der Rechtsanwalt R bei durchschnittlicher Angelegenheit abrechnen?
    Lösung:  
    0,55 Beratungsgebühr Nr. 2100 VV RVG 134,75 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
      154,75 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 24,76 EUR
      179,51 EUR
    Handelt es sich um eine Erstberatung gegenüber einem Verbraucher i.S. des § 13 BGB, beträgt die Beratungsgebühr nach Nr. 2102 VV RVG maximal 190 EUR. Verbraucher ist jede natürliche Person, die mit der anwaltlichen Beauftragung objektiv einen Zweck verfolgt, der weder ihrer gewerblichen noch selbstständig beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.
    Auf die für eine nachfolgende Vertretung anfallende Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) wird die Beratungsgebühr nach Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 2100 VV RVG angerechnet. Eine in Form eines schriftlichen Gutachtens erfolgte Beratung wird nach Nr. 2103 VV RVG mit einer "angemessenen Gebühr" vergütet, die nach § 14 Abs. 1 RVG unter Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalls bestimmt wird.
    Vertretung im Verwaltungsverfahren
    Im Verwaltungsverfahren prüft die Behörde die Voraussetzungen des Verwaltungsakts, § 9 VwVfG. Das Verfahren beginnt auf Antrag oder von Amts wegen. Es endet mit dem Erlass des Verwaltungsakts. Für die Tätigkeit im Verfahren erhält der Anwalt die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG. Sie fällt für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei Vertragsgestaltungen an. Anders als bei § 118 BRAGO gibt es nur noch eine einheitliche Geschäftsgebühr von 0,5 bis 2,5. Die Differenzierung in Geschäfts-, Besprechungs- und Beweisaufnahmegebühr ist entfallen. Die Mittelgebühr liegt bei 1,5. Der Schwellenwert von 1,3 darf nur überschritten werden, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig war (Onderka, RVG prof. 04, 56).
    Beispiel 2: Vertretung im Verwaltungsverfahren
    R vertritt M im Baugenehmigungsverfahren. Er führt mehrere Besprechungen durch und nimmt an einer Ortsbesichtigung mit Behördenvertretern teil, bei der u.a. immissionsschutzrechtliche Aspekte diskutiert werden. Welche Gebühren kann R abrechnen (Wert: 20.000 EUR)?
    Lösung:  
    2,0 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG (umfangreiche Angelegenheit) 1.292,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
      1.312,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 209,92 EUR
      1.521,92 EUR
    Die Geschäftsgebühr ist nach Nr. 2402 VV RVG auf 0,3 begrenzt, wenn sich der Auftrag auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt. Entscheidend ist nicht das Produkt der Anwaltstätigkeit, sondern der Auftrag.
    Eine Gebühr für eine Beratung, die mit der Vertretung zusammenhängt, wird auf die Geschäftsgebühr angerechnet, Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 2100 VV RVG.
    Beispiel 3: Vertretung außerhalb und im Verwaltungsverfahren
    In Abwandlung 1 ist dem Baugenehmigungsverfahren eine umfangreiche Beratung des M vorausgegangen, ob sein Vorhaben genehmigungspflichtig ist. M hat auf Grund der Beratung den Umfang seines Vorhabens reduziert, so dass sich der Gegenstandswert im Genehmigungsverfahren von 40.000 EUR auf 20.000 EUR ermäßigt. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung:    
    0,8 Beratungsgebühr Nr. 2100 VV RVG, Wert 40.000 EUR
    (umfangreiche Angelegenheit)
      721,60 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
    2,0 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG, Wert 20.000 EUR
    (umfangreiche Angelegenheit)
    1.292,00 EUR  
    Auf die Geschäftsgebühr (1.292 EUR) wird die 0,8 Beratungsgebühr aus 20.000 EUR (516,80 EUR) angerechnet, da nur insoweit ein Zusammenhang besteht ./. 516,80 EUR  
        775,20 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
        1.536,80 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG   245,89 EUR
        1.782,69 EUR
    Vertretung im Widerspruchsverfahren
    Ist z.B. der Antragsteller mit der Entscheidung im Verwaltungsverfahren nicht einverstanden, schließt sich das Widerspruchsverfahren an, in dem der Verwaltungsakt im Regelfall von der übergeordneten Behörde überprüft wird. Es endet mit einem Widerspruchs- oder Einspruchsbescheid.
    Beispiel 4: Vertretung im Widerspruchsverfahren
    Gegen M wird eine Abrissverfügung erlassen, weil er illegal ein Wochenendhaus errichtet hat. Er beauftragt R, damit dieser gegen den Bescheid Widerspruch einlegt. Die Angelegenheit (Wert 10.000 EUR) ist insgesamt durchschnittlich. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung:  
    1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 631,80 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
      651,80 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 104,29 EUR
      756,09 EUR
    Im Unterschied zu § 119 Abs. 1 BRAGO, der die Tätigkeit im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als dieselbe Angelegenheit einstufte, handelt es sich nach § 17 Nr. 1 RVG um verschiedene Angelegenheiten, da § 119 BRAGO der oft komplexen Tätigkeit des Anwalts im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Rechnung getragen hat (BT-Drucksache 15/1971, 191). Der Anwalt kann im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren je eine Geschäftsgebühr verdienen. Grundsätzlich beträgt der Gebührenrahmen im Widerspruchsverfahren 0,5 bis 2,5, Nr. 2400 VV RVG. Ist der Anwalt aber schon zuvor im Verwaltungsverfahren tätig geworden, entsteht die Geschäftsgebühr für die Vertretung im Widerspruchsverfahren nur aus dem reduzierten Rahmen von 0,5 bis 1,3 Nr. 2401 VV RVG.
    Beispiel 5: Vertretung im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahr
    R beantragt für M die Genehmigung zur Aufstellung von Werbetafeln. Gegen den antragsgemäßen Bescheid legt Nachbar N Widerspruch ein. R vertritt M im Widerspruchsverfahren. Welche Gebühren kann R bei durchschnittlicher Angelegenheit und einem Wert von 5.000 EUR abrechnen?
    Lösung:    
    Verwaltungsverfahren:    
    1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG (Schwellenwert) 391,30 EUR  
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR  
      411,30 EUR  
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 65,81 EUR  
        477,11 EUR
    Widerspruchsverfahren:    
    0,7 Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG (Schwellenwert) 210,70 EUR  
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR  
      230,70 EUR  
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 36,91 EUR  
        267,61 EUR
        744,72 EUR
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 06/2004, Seite 106
    Quelle: Ausgabe 06 / 2004 | Seite 106 | ID 106637