01.07.2011 | WEG-Anfechtungsklage
BGH schränkt Kostenerstattungsanspruch bei Vertretung mehrerer Wohnungseigentümer ein
von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
Beauftragen mehrere Kläger denselben Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen dieselben Beschlüsse der Wohnungseigentümer, sind die Kosten der Kläger insoweit nicht zur Rechtsverfolgung notwendig, als sie darauf beruhen, dass der Rechtsanwalt statt für alle Kläger gemeinschaftlich für jeden Kläger gesondert Klage erhebt (BGH 8.7.10, V ZB 153/09, Abruf-Nr. 102645). |
Sachverhalt
Die Parteien sind Mitglieder einer WEG. Diese hatte den Antrag auf Abwahl der Verwalterin mehrheitlich abgelehnt und die Verwalterin auf die Dauer von fünf Jahren erneut bestellt. Der Kläger zu 1 beauftragte einen Anwalt mit der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen diese Beschlüsse. Seine Klage ging am 27.5.08 beim AG ein. Mit gleichlautenden am 28.5.08 bei Gericht eingegangenen Klageschriften fochten die von einem anderen Anwalt vertretenen Kläger zu 2 bis 6 dieselben Beschlüsse an und beantragten darüber hinaus, die Verwalterin abzuberufen. Das AG hat nach Verbindung der Verfahren den Anfechtungsanträgen stattgegeben, die von den Klägern zu 2 bis 6 erhobene weitergehende Klage abgewiesen und der Verwalterin die Kosten auferlegt. Die Kläger zu 2 bis 6 haben erfolgreich beantragt, die ihnen für die jeweils einzelnen Klagen entstandenen Kosten festzusetzen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Verwalterin den Antrag auf Herabsetzung der Kosten weiter.
Entscheidungsgründe
Das Beschwerdegericht meint, die gegen jeden Kläger zur Anfechtung des Beschlusses der WEG gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG laufende Frist stelle einen Umstand dar, der die Vertretung durch jeweils einen Rechtsanwalt rechtfertige. Das gelte auch für den Zeitraum nach Verbindung der Verfahren, zumal eine Übertragung des Mandats auf einen gemeinschaftlichen Rechtsanwalt weitere Gebühren auslöse, die der Titelschuldner nicht zu erstatten habe. Das hält rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand. Der den Klägern zu 2 bis 6 zu erstattende Betrag ist zu hoch festgesetzt.
Checkliste: So begründet der BGH seine Entscheidung |
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Erhebung der Klage ist Vertrauenssache. Die Beurteilung der Kompetenz des Rechtsanwalts ist den zur Klage entschlossenen einzelnen Wohnungseigentümern in der Regel nicht möglich. Ein Auswahlverfahren oder die Bestimmung der Art und Weise, wie bei Meinungsdifferenzen um die Frage, welchem Rechtsanwalt das Mandat angetragen werden soll, sieht das WEG nicht vor. Jeder Wohnungseigentümer, der sich zur Anfechtung entschlossen hat, muss jedoch die Klage innerhalb der von § 46 Abs. 1 S. 2 WEG bestimmten Frist erheben und innerhalb eines weiteren Monats begründen, um eine Abweisung zu vermeiden. Daher ist Wohnungseigentümer verpflichtet, sich vor der Erhebung der Klage zu vergewissern, ob weitere Wohnungseigentümer denselben Beschluss anfechten wollen, und sich mit diesem auf einen Rechtsanwalt zu einigen. Die hierdurch begründeten Kosten jedes Rechtsanwalts haben die unterlegenen Wohnungseigentümer jedem Anfechtungskläger ebenso wie die vorgelegten Gerichtskosten zu erstatten.
Insoweit verhält es sich anders als auf Seiten der beklagten Wohnungseigentümer, die einen angefochtenen Beschluss verteidigen. Sie werden in dem Anfechtungsverfahren grundsätzlich von dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten (BGH ZMR 07, 975) und stehen jedem Kläger von Beginn des gerichtlichen Verfahrens an mit einem einheitlichen Prozessziel gegenüber. Die Gemeinschaftlichkeit ihres Vorgehens ist institutionell gesichert; die Beauftragung des gemeinschaftlichen Rechtsanwalts erfolgt durch den Verwalter (BGH ZMR 10, 51).
|
Praxishinweis
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses RVG prof. Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,30 € / Monat