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  • 02.03.2010 | Zusätzliche Gebühren

    Was Sie zu Nr. 4114 VV RVG und Nr. 5115 VV RVG wissen sollten

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Das RVG sieht in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 5 VV RVG und in Teil 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 4 VV RVG „zusätzliche Gebühren“ vor, die der Rechtsanwalt zusätzlich zu den ihm sonst zustehenden Gebühren verdienen kann. Diese werden auf die sonstigen Gebühren nicht angerechnet. Eine dieser zusätzlichen Gebühren ist die sog. „Befriedigungs-/Erledigungsgebühr“ in den Nrn. 4114, 5115 VV RVG. Sie steht dem Verteidiger zu, wenn er daran mitwirkt, dass die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Um den Anfall dieser Gebühren gibt es sowohl im Strafverfahren als auch im Bußgeldverfahren häufig Streit mit der Staatskasse oder den Rechtsschutzversicherern. Wir zeigen Ihnen auf der Grundlage der seit dem Inkrafttreten des RVG zu diesen Gebührenvorschriften ergangenen Rechtsprechung in den nachfolgenden Checklisten, worauf Sie beim Ansatz dieser Gebühr achten müssen.  

     

    Praxishinweis: Die folgenden Ausführungen gelten im Wesentlichen sowohl für die im Strafverfahren anfallende Gebühr Nr. 4141 VV RVG als auch für die Nr. 5115 VV RVG, die ggf. im Bußgeldverfahren entsteht.  

     

    Checkliste: Nrn. 4141, 5115 VV RVG

    In welchen Verfahren entstehen welche Gebühren?  

    Im Strafverfahren entsteht die Nr. 4141 VV RVG, im Bußgeldverfahren die Nr. 5115 VV RVG.  

    Wer kann die Gebühren verdienen?  

    Die Gebühren können nicht nur vom Verteidiger verdient werden, sondern z.B. auch vom Nebenklägervertreter, wenn er daran mitgewirkt hat, dass die Hauptverhandlung entbehrlich wird.  

    Können die Gebühren in allen Verfahrensabschnitten entstehen?  

    Ja, die zusätzlichen Gebühren können in allen Verfahrensabschnitten entstehen.  

    Kann eine Erledigungsgebühr auch im Wiederaufnahmeverfahren entstehen?  

    Grds. ist das Entstehen der Erledigungsgebühr im Wiederaufnahmeverfahren nicht möglich. Nach Auffassung des LG Dresden (StraFo 06, 475) entsteht die Gebühr jedoch, wenn im Wiederaufnahmeverfahren so umfassend vorgetragen worden ist, dass der Angeklagte ohne Hauptverhandlung frei gesprochen wird.  

    Fällt die Gebühr Nr. 4141 VV RVG auch an, wenn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durch die anwaltliche Mitwirkung eingestellt und die Sache zur Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde abgegeben wird?  

    Von der h.M. wird das zutreffend bejaht (u.a. LG Oldenburg BRAK-Mitt. 09, 40; LG Osnabrück RVG prof. 08, 7, Abruf-Nr. 073684; AG Lemgo RVGreport 08, 463; AG Regensburg AGS 06, 125; AG Saarbrücken RVG prof. 07, 118, Abruf-Nr. 071720). Inzwischen hat jedoch der BGH (RVG prof. 10, 25, Abruf-Nr. 100021) mit unzutreffender Begründung anders entschieden und sich der Auffassung einiger abweichender AG angeschlossen (AG München JurBüro 07, 84; 28.9.07, 141 C 18336/07; AG Osnabrück RVG prof. 08, 52, Abruf-Nr. 080423).  

    Kann eine Erledigungsgebühr im Verfahren häufiger entstehen?  

    Ja, allerdings muss es sich wegen § 15 Abs. 2 S. 1 RVG dann um unterschiedliche Angelegenheiten handeln, wie z.B. eine Einstellung im vorbereitenden Verfahren und dann nach Wiederaufnahme und Anklageerhebung eine erneute Einstellung im gerichtlichen Verfahren. Die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG entsteht hingegen nur einmal, wenn z.B. das vorbereitende Verfahren nicht nur vorläufig nach § 154 StPO eingestellt, dann wieder aufgenommen und dann noch einmal eingestellt wird (AG Osnabrück AGS 09, 113 m. zust. Anm. N. Schneider).  

    Nach welchen Kriterien bemisst sich die Gebühr?  

    Nach zutreffender h.M. handelt es sich bei der  

    Befriedungsgebühr um eine Festgebühr i.H. der Mittelgebühr einer Verfahrensgebühr (AG Hamburg AGS 06, 439; AG Karlsruhe, 4.9.08, 4 OWi 308/08; AG Stuttgart VRR 08, 400 = RVGreport 08, 430; AG Viechtach AGS 07, 84 m. Anm. N. Schneider; AG Weilburg AGS 07, 561; a.A. LG Leipzig AGS 10, 19; AG Viechtach/LG Deggendorf RVGreport 05, 431 = AGS 05, 504 m. Anm. N. Schneider).