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  • 31.05.2011 | Zwangsvollstreckung

    Keine Addition wirtschaftlich identischer Gegenstandswerte im Vollstreckungsrecht

    von Dipl. Rechtspflegerin (FH) Karin Scheungrab, Leipzig/München

    Beantragt ein Rechtsanwalt im Auftrag des Gläubigers den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Forderungen des Schuldners gegen drei Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollen, bezieht sich seine Tätigkeit auf drei Gegenstände. Eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte kommt nicht in Betracht, soweit die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind (BGH 10.3.11, VII ZB 3/10, Abruf-Nr. 111610).

     

    Sachverhalt

    Mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurden Forderungen der Schuldnerin gegen drei Drittschuldner aus Mietverträgen über einzeln benannte Objekte gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Bei der Berechnung der Anwaltsgebühren wurde der dreifache Forderungswert zugrunde gelegt. Das Vollstreckungsgericht hat jedoch nur den einfachen Forderungsbetrag berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen diesen Beschluss wurde zurückgewiesen, die zugelassen Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH geht davon aus, dass es sich bei der Pfändung und Überweisung der Forderungen gegen drei Drittschuldner aufgrund eines Vollstreckungsauftrags um eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne handelt und der Rechtsanwalt der Gläubigerin die Verfahrensgebühr daher nur einmal beanspruchen kann. Grundsätzlich bilden alle zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden Einzelmaßnahmen, die miteinander in einem inneren Zusammenhang stehen, dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Dabei stehen nur die Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, die die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (BGH NJW 04, 1101). Dies ist hier zu bejahen. Die Vollstreckung findet zwar in mehrere Vermögensgegenstände statt, diese sind aber gleichartig und unterliegen derselben Art des Vollstreckungszugriffs - der Forderungspfändung. Die Gläubigerin will aufgrund eines Vollstreckungsauftrags einmal in Höhe der titulierten Forderung einschließlich der Nebenforderungen Befriedigung erlangen. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung und die Literatur nehmen bei dieser Fallgestaltung eine gebührenrechtliche Angelegenheit an (AnwK-RVG/Schneider/Wolf, 5. Aufl., § 18 Rn. 35; OLG Düsseldorf AGS 06, 530).  

     

    Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts liegen jedoch nicht einer, sondern drei Gegenstände vor. Der Begriff des Gegenstands ist im RVG nicht näher bestimmt. Er bezeichnet das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht (BGH NJW 11, 155). Nach diesem Maßstab bezog sich die Tätigkeit hier auf drei Rechtsverhältnisse.