· Fachbeitrag · Gebühren im Verwaltungsrecht
Erstattung von Reisekosten eines nicht im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts
| In der verwaltungsrechtlichen Praxis ist oft unbekannt, dass eine Partei berechtigt ist, einen Anwalt auch außerhalb des Gerichtsbezirks zu beauftragen. In solchen Verfahren ist daher die Kostenerstattung nicht auf die Kosten eines im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalts begrenzt. Dies hat das VG Aachen nun bestätigt (26.9.19, 5 K 561/16.A, Abruf-Nr. 215251 ). |
Nach § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Folge: Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind stets erstattungsfähig.
MERKE | Eine Einschränkung, dass Reisekosten eines nicht am Gerichtsort tätigen oder wohnhaften Anwalts nur erstattungsfähig sind, wenn seine Zuziehung notwendig war, kennt die VwGO nicht. In § 173 VwGO findet sich keine Verweisung auf § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (BT-Drucksache 3/55, S. 48; BVerwG 11.9.07, 9 KSt 5/07). |
Es wird aber vertreten, dass § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO, was die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung gerichtlicher Termine angeht, unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO steht. Danach muss es sich um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen handeln. Es besteht somit der Grundsatz der Kostenminimierung. Folge: Bei der Anwaltswahl sind Reisekosten ohne nähere Prüfung nur voll zu erstatten, wenn der Anwalt seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz bzw. Geschäftssitz seines Mandanten oder in dessen Nähe hat (VGH München 27.7.06, 2 N 04.2476; OVG Magdeburg 1.11.05, 4 O 327/05; BVerwG, a. a. O.). Ist dies nicht der Fall, muss nachgewiesen werden, dass es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, gerade diesen Anwalt zu beauftragen.
MERKE | Unabhängig von der Entfernung zum Wohnort bzw. Geschäftssitz des Mandanten oder zum Sitz oder Bezirk des angerufenen Gerichts gelingt dieser Nachweis, wenn der beauftragte Anwalt über Spezialkenntnisse verfügt und der Fall Fragen aus dem Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufgeworfen hat, dass ein verständiger Beteiligter die Hinzuziehung eines solchen Anwalts für ratsam erachten kann. Achtung: Dies ist aber nicht schon anzunehmen, wenn der Anwalt die Fachanwaltsbezeichnung für das Verwaltungsrecht führen darf (VGH München, a. a. O.). |
Eine weitere Ausnahme wird angenommen, wenn die anwaltliche Vertretung offensichtlich nutzlos ist und objektiv beim Gegner nur Kosten verursachen soll, bzw. offensichtlich gegen den Grundsatz verstößt, im Rahmen des Verständigen die Kosten möglichst gering zu halten (OVG NRW 2.5.05, 6 E 372/05).
MERKE | Bei der Frage, ob diese Grenze überschritten ist, ist aber ein großzügiger Maßstab anzulegen und ein Überschreiten erst anzunehmen, wenn offensichtlich ist, dass für die Entstehung der Kosten keine guten Gründe mehr vorliegen (OVG NRW, a. a. O.; VG Düsseldorf 25.4.14, 14 K 6285/13.A.; VG Aachen, a. a. O.). |