· Fachbeitrag · Abrechnungspraxis
Straf- bzw. Bußgeldverfahren: Einzeltätigkeiten vollständig abrechnen
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
| Beauftragt der Mandant Sie im Straf- oder Bußgeldverfahren nur mit Einzelaufträgen und nicht damit, ihn im Strafverfahren komplett zu vertreten, wirkt sich dies auf Ihre Vergütung zunächst einmal negativ aus: Sie können lediglich Einzeltätigkeiten abrechnen. Umso mehr sollten Sie jetzt darauf achten, vollständig und gewinnbringend abzurechnen - die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei. |
Checkliste / Wichtige Antworten zu Einzeltätigkeiten | |
Frage | Antwort |
| Die Einzeltätigkeiten sind geregelt
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| Eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit entsteht grundsätzlich (nur) für den Rechtsanwalt, der nicht damit beauftragt wurde, den Mandanten voll zu verteidigen, sondern nur mit einer einzelnen Tätigkeit. Dass die Regelungen über die Einzeltätigkeiten anwendbar sind, setzt also voraus, dass dem Rechtsanwalt lediglich ein Einzelauftrag und nicht ein umfassendes Mandat erteilt worden ist. Der Rechtsanwalt übernimmt aus dem Aufgabenbereich eines „Vollverteidigers“ oder „Vollvertreters“ nur eine einzelne Tätigkeit (AnwKomm-RVG/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 2; Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 8).
Merke | Nrn. 4300 ff. VV RVG enthalten subsidiäre Regelungen für bloße Einzeltätigkeiten (OLG Düsseldorf StraFo 08, 441; a.A. OLG Düsseldorf JurBüro 09, 255 [Ls.]; Burhoff/Volpert, a.a.O.; Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 7). |
| Ja, es gelten die allgemeinen Regeln der Vorb. 4 Abs. 1 VV RVG. |
| Maßgebliches Kriterium ist beim
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| Grundsätzlich ja. Allerdings entsteht eine gesonderte Einzeltätigkeits-Gebühr nur, wenn die von ihm erbrachte Tätigkeit nicht von dem ihm erteilten vollen Auftrag erfasst wird. Ist dies der Fall, werden seine durch die in Teil 4 Abschn. 1 bzw. Abschn. 2 VV RVG geregelten Gebühren abgegolten (Vorb. 4.1 Abs. 2 VV RVG). Das gilt z.B., wenn er Berufung einlegt(§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG). |
| Es entstehen Verfahrensgebühren und ggf. auch Terminsgebühren (siehe Ziffer 12). |
| Nein. Eine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG entsteht für den nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragten Rechtsanwalt nicht (OLG Düsseldorf AGS 09, 14; OLG Köln NStZ-RR 07, 287 mit Anmerkung Burhoff; OLG Schleswig SchlHA 07, 278; Burhoff RVGreport 13, 213; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 10; AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 36; Burhoff/Volpert, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 41). |
| Bei den Gebühren handelt es sich teilweise um sogenannte „Einzelaktgebühren“, z.B. bei der Verfahrensgebühr Nr. 4302 Ziffer 1 VV RVG, die anfällt, wenn der Rechtsanwalt die Berufung oder Revision einlegt.
Teilweise handelt es sich aber auch um „echte Verfahrensgebühren“, die die gesamte Tätigkeit in einem Verfahrensabschnitt abgelten. Das gilt z.B. für die Verfahrensgebühr Nr. 4301 Ziffer 5 VV RVG, die anfällt, wenn der Rechtsanwalt im sogenannten Klageerzwingungsverfahren als Beistand agiert (Burhoff/Volpert, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 40; zum Klageerzwingungsverfahren Burhoff RVG prof. 14, 216; RVG prof. 15, 14; RVG prof. 15, 33). |
| Die Verfahrensgebühren haben den Charakter einer Pauschgebühr. Sie gelten daher sämtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts ab, die erforderlich waren, um den Auftrag zu erledigen (so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 9; Burhoff/Burhoff, a.a.O., Vorb. 4.1 VV RVG Rn. 32; Burhoff/Volpert, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 40).
Merke | Anwendbar ist also die allgemeine Regelung in Vorb. 4 Abs. 2 VV RVG über den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr. Die Verfahrensgebühren Nrn. 4300 ff. RVG entstehen dafür, dass der Rechtsanwalt das Geschäft betreibt - einschließlich der Information hinsichtlich des Einzelauftrags (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 34; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 9; Burhoff/Volpert, a.a.O., Vorb. 4.3 VV RVG Rn. 40). |
| Bei den Gebühren Nrn. 4300 ff. VV RVG handelt es sich um Betragsrahmengebühren. Die Höhe der Rahmen richtet sich nach der jeweiligen Einzeltätigkeit.
Für den Wahlanwalt gilt § 14 RVG. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt erhält einen Festbetrag. |
| Nein, die Gebühren entstehen, wenn sich der Mandant des Rechtsanwalts nicht auf freiem Fuß befindet, ohne einen Haftzuschlag. Gebühren mit Zuschlag sind in Teil 4 Abschn. 3 VV RVG nicht vorgesehen.
Merke | Berücksichtigen Sie als Wahlanwalt den Umstand, dass sich der Mandant nicht auf freiem Fuß befunden hat, wenn Sie die Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG bemessen. |
| Eine (allgemeine) Terminsgebühr ist bei den Einzeltätigkeiten nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass von der jeweiligen Verfahrensgebühr mit abgegolten wird, wenn Sie an einem Termin teilnehmen.
Merke | Beachten Sie aber, dass in Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG für besondere Termine eine Terminsgebühr vorgesehen ist. Sie erhalten sie, wenn Sie in diesen Terminen Beistand leisten. |
| Ja. Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 3 VV RVG regelt, dass das Beschwerdeverfahren eine besondere Angelegenheit ist (siehe auch § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a RVG). Die Gebühr im Ausgangsverfahren gilt also die insoweit erbrachten Tätigkeiten nicht mit ab. Der Rechtsanwalt erhält sowohl für die Einzeltätigkeit als auch für das Beschwerdeverfahren hinsichtlich dieser Einzeltätigkeit besondere Gebühren (zur Abrechnung im Beschwerdeverfahren allgemein Burhoff RVG prof. 14, 30; RVG prof. 14, 51).
Merke | Im Bußgeldverfahren ist eine besondere Beschwerdegebühr in Nr. 5200 VV RVG nicht vorgesehen. Im Bußgeldverfahren wird also eine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren durch die allgemeine Verfahrensgebühr mit abgegolten (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a RVG). |
| Ja. Es gelten die allgemeinen Regeln. Insbesondere entsteht die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG in jeder Angelegenheit (siehe Ziffer 15). |
| Ja. Nach Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 1 VV RVG führt jeder Einzelauftrag nach Nrn. 4300 ff. VV RVG grundsätzlich zu einer eigenen Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG. Ob mehrere Angelegenheiten vorliegen, richtet sich nach den zu § 15 RVG geltenden allgemeinen Regeln.
Merke | Denken Sie in diesen Fällen daran, dass über Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 2 VV RVG § 15 Abs. 6 RVG gilt: Der mit verschiedenen oder mehreren Einzeltätigkeiten beauftragte Rechtsanwalt darf nicht mehr Gebühren erhalten als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt, also der Vollverteidiger oder der Vollvertreter. |
| Ja. In Vorb. 4.3 Abs. 4 VV RVG ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Gebühren angerechnet werden, wenn der Rechtsanwalt anschließend mit der Vertretung im gesamten Verfahren beauftragt wird. |
| Ja. Unter den Voraussetzungen der §§ 42, 51 RVG können Pauschgebühren beantragt werden. |
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