· Fachbeitrag · Bußgeldverfahren
Fahrverbot: Argumente für höhere Gebühren
| Die Gebührenbemessung gerade im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren spielt in der Praxis eine große Rolle. Zu den damit zusammenhängenden Fragen hat das LG Halle Stellung genommen. |
Sachverhalt
Der Verteidiger des Betroffenen hatte nach dessen Freispruch Kostenerstattungsansprüche geltend gemacht. Dabei setzte er Gebühren oberhalb der Mittelgebühr an. Das AG setzte lediglich Gebühren in Höhe der Mittelgebühren fest. Das Rechtsmittel des Verteidigers hatte teilweise Erfolg.
Entscheidungsgründe
Grundsätzlich sind zwar Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren als unterdurchschnittlich anzusehen. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen hat das LG hier aber als überdurchschnittlich bewertet (13.7.16, 3 Qs 132/16, Abruf-Nr. 194540).
Zwar war der Verfahrensgegenstand nur eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von 440 EUR geahndet werden sollte. Die Besonderheit in Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit lag aber gerade darin, dass
- im Vergleich zu anderen Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt werden sollte, dessen Beginn auch nicht vom Betroffenen innerhalb eines Zeitraums frei hätte gewählt werden können, sondern das unmittelbar ab der Rechtskraft des Bußgeldbescheids vollstreckt werden sollte und
- er verkehrsrechtlich massiv vorbelastet war und bereits sieben Eintragungen im Fahreignungsregister aufwies, die - teilweise übertragen auf die geltende Rechtslage - nach dem 1.5.14 sieben Punkte im Fahreignungsregister bedeuteten. Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG hätte ihm somit der Verlust der Fahrerlaubnis gedroht.
Das LG hat dem Rechtsanwalt darin zugestimmt, dass es bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit nicht auf den Ausgang des Verfahrens ankommt, sondern auf die im Fall einer Verurteilung drohende Rechtsfolge.
Relevanz für die Praxis
Nutzen Sie in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren diese Argumente des LG bei der Bemessung der Rahmengebühren in „Fahrverbotsfällen“ - wohl auch bei der Terminsgebühr. Insoweit hat das LG zwar nur eine unterhalb der Mittelgebühr liegende Gebühr festgesetzt, was es u. a. mit der nur unterdurchschnittlichen Hauptverhandlungsdauer (15 Minuten) begründet hat. Die überdurchschnittliche Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen hätte es aber auch hier berücksichtigen müssen. Im Übrigen ist es falsch, dass das LG die Frage der Fahrereigenschaft, die im Verfahren eine Rolle gespielt hat, nur als „einfache tatsächliche Frage“ einordnete. Die Rechtsprechung beweist das Gegenteil (LG Chemnitz RVG prof. 16, 211; AG Meißen RVGreport 15, 136).