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  • · Fachbeitrag · Gebührenerstattung

    Erstattung der Gebühren nach Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Der Rechtsanwalt kann die Erstattung einer Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG für erbrachte Tätigkeiten aus der Staatskasse verlangen, auch wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung zurücknimmt (AG Iserlohn 11.10.11, 9 Ls 335 Js 330/10 4/11, Abruf-Nr. 120238).

    Sachverhalt

    Der Angeklagte wurde frei gesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte form- und fristgerecht Berufung ein. Diese wurde dem Verteidiger bei Zustellung des Urteils mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft hat die Berufung dann vor Begründung zurückgenommen. Der Verteidiger hat die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG geltend gemacht. Diese ist festgesetzt worden.

     

    Entscheidungsgründe

    Dem Pflichtverteidiger steht ein Erstattungsanspruch zu. Anders als bei der Revision sind weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte nach der StPO verpflichtet, die Berufung zu begründen. Nachdem die Staatsanwaltschaft unbedingt und unbefristet Berufung eingelegt hat, hat das Gericht dies dem Verteidiger mitgeteilt. Dieser hat pflichtgemäß den Angeklagten informiert und auf dessen Bitte umfassend beraten. Diese Tätigkeiten des Pflichtverteidigers sind notwendig und nicht nur rein hypothetischer Art und auf keinen Fall überflüssig oder bedeutungslos. Mit der Zäsurwirkung des Rechtsmittels der Berufung beginnt ein neues Verfahrensstadium. Der Freigesprochene erhält wieder den Status des Angeklagten und der Verteidiger hat im Rahmen rechtsstaatlich begründeter Verteidigung seine Tätigkeit so auszurichten, dass sie Erfolg versprechend und wirksam ist.

     

    Praxishinweis

    Die Gebühr Nr. 4124 VV RVG entsteht mit jeder Tätigkeit, die sich nach Einlegung der Berufung (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG) auf die Ausführung des Auftrags der Verteidiger in der Berufungsinstanz richtet. Soweit die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat, entsteht die Gebühr des Verteidigers stets mit der auftragsgemäßen Aufnahme des Geschäfts. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur unstreitig. Streit besteht in der Frage, ob der Verteidiger, wenn die Staatsanwaltschaft ihre zulasten des Angeklagten eingelegte Berufung vor deren Begründung zurücknimmt, Festsetzung und/oder Erstattung verlangen kann. Das wird von der h.M. verneint. Begründung: Die Tätigkeiten des Verteidigers sei, solange die Berufung nicht begründet ist, überflüssig und nutzlos (zuletzt KG StRR 11, 387; RVG prof. 10, 132 für die Revisionsinstanz). Das ist unzutreffend, weil der Angeklagte auch in dieser Phase des Verfahrens Beratungsbedarf hat. Berät ihn der Verteidiger, erfüllt er die sich aus seiner Verteidigerstellung ergebende Beistandspflicht und ist dafür auch aus der Staatskasse zu entlohnen. Von daher wählt das AG den richtigen Ansatz. Verteidiger sollten sich in vergleichbaren Situationen auf diese zutreffend begründete Entscheidung berufen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2012 | Seite 22 | ID 30048150