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  • · Fachbeitrag · Pauschgebühr

    Bei vorzeitigem Verfahrensende kein Geld verschenken

    von Andreas Großer, gepr. Rechtsfachwirt, Leipzig

    | Kann eine Pauschgebühr gemäß § 51 RVG auch bei vorzeitigem Verfahrensende beantragt werden, wenn mehrere Gerichtstermine ausgefallen sind? Ja, hat nun das OLG Naumburg festgestellt (18.10.16, 1 AR (Kost) 9/16). |

     

    Der Verteidiger aus Leipzig war Pflichtverteidiger in einem Verfahren vor der großen Jugendstrafkammer des LG Magdeburg. Insgesamt waren fünf (ausländische) Personen angeklagt. Terminiert wurden zunächst sechs Hauptverhandlungstermine im Zeitraum April bis Mai 2016. Bereits im zweiten Termin teilten die Verteidiger (nach vorheriger Absprache) dem Gericht mit, dass sich sämtliche Angeklagten geständig einlassen werden, sodass am zweiten Hauptverhandlungstag ein Urteil gesprochen werden konnte. Ein Verteidiger beantragte daraufhin, die Pflichtverteidigervergütung inkl. Haftzuschlag und Auslagen festzusetzen. Außerdem begehrte er eine zusätzliche Pauschvergütung in Höhe von 750 EUR (netto).

     

    Der Verteidiger begründete seinen Antrag damit, dass das Verfahren vor dem LG umfangreich und schwierig war, was bereits das langwierige Ermittlungsverfahren zeigte und durch bundesweite Überwachungsaktionen der Angeklagten belegt wurde; die Anklageschrift umfasste zwölf Seiten. Der Umfang der Akten betrug ca. 4.000 Seiten. Der vertretene Angeklagte war der deutschen Sprache nicht mächtig und sämtliche Gespräche waren nur mit einer Dolmetscherin möglich. Infolge der guten Vorbereitung der Verteidigung konnten letztendlich vier der sechs Termine erspart werden. Viele sonst notwendige Zeugenvernehmungen wurden ebenfalls erspart.

     

    Hinzu kamen noch folgende Argumente: Durch die Terminierung mehrerer Verhandlungstage, die nicht mehr benötigt wurden, sind dem Verteidiger weitere Pflichtverteidigungen nicht übertragen worden. Folge: Umsatzverluste und Gefährdung eines Arbeitsplatzes. Der Verteidiger ist Einzelanwalt. Die Kompensation fehlender Aufträge ist nicht ohne Weiteres möglich und als weitere Folge, wenn auch nachrangig, dennoch berücksichtigungsfähig.

     

    Überraschend: Diesen Argumenten folgte selbst die Bezirksrevisorin. Sie schlug zur Abgeltung der Pauschgebühr i. V. m. der Pflichtverteidigervergütung vor, insgesamt eine pauschalierte Vergütung auszuzahlen. Abgerechnet waren als Pflichtverteidigervergütung (netto ohne sonstige Auslagen) zu diesem Zeitpunkt 1.011 EUR. Dieser Betrag wurde auf 1.500 EUR (netto) zzgl. sämtlicher weiterer Auslagen (Längenzuschlag, Fotokopiekosten, Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder etc.) aufgestockt. Mithin wurde eine Pauschvergütung von 489 EUR gewährt. Der Verteidiger war einverstanden.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Fall zeigt: Stellen Sie auch für ausgefallene Termine einen Antrag auf Pauschvergütung. Dabei kommt es auf die Argumentation an. Denn eine Vergütung ohne Antrag erhält man nicht. Mit einem solchen Antrag besteht zumindest die Chance, noch zusätzliche Einnahmen zu generieren.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 1 | ID 44394114