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Berufungsverfahren: Bei Bewährungsfragen kann Ansatz der Mittelgebühr gerechtfertigt sein
| In Berufungsverfahren stellt sich häufig die Frage, wie die Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV RVG zu bemessen ist, wenn die StA beschränkt Berufung eingelegt hat und diese noch vor dem Berufungshauptverhandlungstermin zurücknimmt. Das LG Nürnberg-Fürth hat in einer Bewährungssache die Mittelgebühr bejaht (15.1.24, 12 Qs 80/23, Abruf-Nr. 241164 ). |
Es sei bei der anwaltlichen Terminvorbereitung nicht mit einer Verhandlung zu rechnen gewesen, die sich nur mit der Höhe der zu verhängenden Strafe befassen würde. Die Verteidigertätigkeit könne auch darin bestehen, dass mit dem Mandanten ohne Kenntnis des Gerichts daran gearbeitet werde, vor der Hauptverhandlung Umstände zu schaffen, die eine Bewährung rechtfertigen (z. B. Therapie- oder Arbeitsaufnahme). Ferner sei die Angelegenheit für den Verurteilten offenkundig von erheblicher Bedeutung gewesen. Er habe damit rechnen müssen, dass die Berufungskammer nicht nur die gegen ihn verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten bestätigt, sondern dass die erstinstanzlich gewährte Bewährung wegfallen werde. Dies hätte weiter gerechtfertigt, die Bewährung aus seiner vorangegangenen Verurteilung zu widerrufen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Bewährungsfragen im Hinblick auf die Bedeutung eines Strafverfahrens von erheblicher Bedeutung sind (OLG Düsseldorf NStZ-RR 13, 63; LG Frankfurt am Main RVGreport 18, 296; LG Koblenz JurBüro 10, 475; LG Stralsund zfs 16, 106). Zutreffend ist es auch, wenn das LG daneben auf den Umfang der (allgemeinen) Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung abstellt. Der hat ‒ natürlich ‒ Auswirkungen auf die Höhe der Verfahrensgebühr (dazu allgemein Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 43 ff.).
(mitgeteilt von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg)