· Fachbeitrag · Terminsgebühr
Rechtsprechungsübersicht zur Bemessung der Terminsgebühr im Strafverfahren
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster /Augsburg
| Wir hatten in RVG prof. 13, 124 allgemein über die Terminsgebühr in Straf- und Bußgeldverfahren berichtet. In der folgenden Übersicht ist nun die maßgebliche Rechtsprechung zur Bemessung der strafverfahrensrechtlichen Terminsgebühr zusammengestellt. |
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Die Zeitstufen, die bezüglich des Pflichtverteidigers festgelegt sind, geben Hilfestellung bei der Bemessung der Terminsgebühr für die Einordnung im Gebührenrahmen. | KG RVGreport 07, 180; AGS 12, 392; OLG Köln RVG prof. 08, 12; LG Bochum 10.5.06, 10 Qs 8/06, www.burhoff.de |
Zur Bemessung der Terminsgebühr. | OLG Hamm RVG prof. 09, 112 |
Die Terminsgebühr deckt auch sonstige Tätigkeiten ab, die mit dem jeweiligen Termin in Zusammenhang stehende, wie z.B. die konkrete Vorbereitung dieses Termins. | OLG Jena JurBüro 05, 470; s. aber OLG Jena RVGreport 08, 56; OLG Hamm JurBüro 06, 591 (Abfassung eines Beweisantrags); OLG Oldenburg JurBüro 07, 528; LG Hamburg AGS 08, 343; a.A. AG Koblenz RVG prof. 08, 124 |
Die Anordnung der Selbstlesung von Schriftstücken ist bei der Terminsgebühr nicht gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Das Studium von Urkunden, die nach § 249 Abs. 2 StPO zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden, steht in keinem direkten Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit für einen bestimmten Verhandlungstermin. Der dafür erforderliche Zeitaufwand wird mit der Verfahrensgebühr bezahlt. | KG 7.5.12, 1 Ws 31/12 |
Zum zu berücksichtigenden Zeitaufwand zählen nicht nur die Zeiten, die der Verteidiger faktisch an bzw. in der Sache gearbeitet hat, sondern auch der nutzlos erbrachte Aufwand, wie z.B. Wartezeiten. | KG RVGreport 07, 180; AG Anklam 2.2.06 - 62 Ds 513 Js 957/05 (378/05), www.burhoff.de |
Die Dauer des Hauptverhandlungstermins ist nicht alleiniges Kriterium für die Bemessung der Terminsgebühr. Dies gilt besonders, wenn die weiteren Bemessungskriterien nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG überdurchschnittlich sind und der Rechtsanwalt auch bei Fortsetzungsterminen einen überdurchschnittlichen Vorbereitungsaufwand auf die Hauptverhandlung hatte, der durch die Verfahrensgebühr nicht allein abgegolten werden kann. In dem Fall fällt die Kürze der Hauptverhandlung weniger schwerwiegend ins Gewicht. | OLG Jena RVGreport 08, 56 |
Bei Rahmenterminsgebühren kann die Bestimmung der Mittelgebühr trotz einer unterdurchschnittlichen Dauer der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht von weniger als einer Stunde noch der Billigkeit entsprechen, wenn der geringe Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durch die überdurchschnittliche Relevanz der übrigen Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG kompensiert wird. | OLG Düsseldorf RVG prof. 12, 117 |
Die Dauer der Hauptverhandlung ist nicht allein entscheidend, vielmehr sind alle Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen (überdurchschnittliche Bedeutung). | AG Hamburg-Wandsbek JurBüro 12, 26 |
Bei kurzen Hauptverhandlungsterminen ist eine Festsetzung von Verteidigergebühren unterhalb der Mittelgebühr zulässig, auch wenn die Sache insgesamt umfangreich und schwierig gewesen ist (für Urteilsverkündungstermin von 22 Minuten). | OLG Hamm 3.12.09, 2 Ws 270/09 |
Hauptverhandlungsdauer beim Jugendrichter von 45 Minuten und 15 Minuten Wartezeit allenfalls leicht unterdurchschnittlich | LG Bochum 15.10.09, 23 Qs 230/09, www.burhoff.de |
Terminsdauer von 20 Minuten beim AG deutlich unterdurchschnittlich. | LG Braunschweig RVG prof. 11, 156 |
Hauptverhandlungsdauern von lediglich 45 bzw. 30 Minuten können durch überdurchschnittliche Schwierigkeit ausgeglichen werden. | LG Dortmund 15.6.11, 35 Qs 50/11 |
Eine Berufungshauptverhandlung mit einer Dauer von 35 Minuten ist nicht unterdurchschnittlich, da auch die vorbereitende Tätigkeit zu berücksichtigen ist. | LG Hamburg JurBüro 08, 312 |
Terminsdauer von 30 Minuten beim AG durchschnittlich, was die Mittelgebühr rechtfertigt, Terminsdauer von 7 Minuten beim AG rechtfertigt nur eine Gebühr von 100 EUR, Terminsdauer von 25 Minuten in der Berufungsinstanz ist deutlich unterdurchschnittlich und führt nur zu einer Gebühr von 160 EUR | LG Hamburg 15.2.12, 621 Qs 60/11 |
Im Berufungsverfahren ist eine Hauptverhandlung mit 2 bis 2 ½ Stunden und der Vernehmung von 3 bis 4 Zeugen durchschnittlich. | LG Hannover JurBüro 11, 304 |
In einer einfach gelagerten Strafsache rechtfertigt eine Hauptverhandlungsdauer von 20 Minuten beim AG nicht den Ansatz der Mittelgebühr. | LG Koblenz JurBüro 06, 364 |
Siebenstündige Hauptverhandlung beim Schöffengericht rechtfertigt die Höchstgebühr. | LG Koblenz JurBüro 09, 253 |
Unterdurchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung von 27 Minuten rechtfertigt nicht den Ansatz der Mittelgebühr der Nr. 4108 VV RVG, sondern nur einen Betrag von 150 EUR, selbst wenn drei Zeugen kurz vernommen worden sind. | LG Koblenz JurBüro 10, 34 |
Hauptverhandlungsdauer von 35 Minuten in einer Strafsache beim Strafrichter rechtfertigt auch in einem Verfahren von großer Bedeutung nur eine Terminsgebühr von 190 EUR. | LG Koblenz JurBüro 10, 475 |
Sind in einem Verfahren Umfang und Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage eher unterdurchschnittlich (der Aktenumfang betrug bis zum Strafbefehlsantrag lediglich 87 Seiten und die Hauptverhandlungstermine waren nur von kurzer Dauer), ist auch unter Berücksichtigung dessen, dass das Verfahren im Hinblick auf ein Sorgerechtsverfahren von Bedeutung war, eine beantragte Terminsgebühr von 345 EUR unbillig. Mithin rechtfertigt die Dauer einer Hauptverhandlung von 30 Minuten nach Nr. 4108 VV RVG eine Gebühr von 200 EUR, während bei einer Hauptverhandlungsdauer von 140 Minuten eine Gebühr von 260 EUR anstatt 345 EUR angemessen ist. | LG Koblenz 5.12.11, 3 Qs 65/11 |
Für eine Hauptverhandlung beim Strafrichter, die bis zu einer Stunde dauert, ist die Mittelgebühr durchschnittlich gerechtfertigt. | LG Magdeburg JurBüro 08, 85 |
Auch bei nur unterdurchschnittlicher Schwierigkeit kann die Mittelgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer 30-minütigen Hauptverhandlung gerechtfertigt sein | LG Meiningen JurBüro 11, 642 |
Für eine von 8.40 Uhr bis 19.55 Uhr dauernde Hauptverhandlung beim AG (Schöffengericht) ist die Höchstgebühr festzusetzen. | LG Rottweil AGS 07, 505 |
Die Dauer der Hauptverhandlung mit 4:20 Stunden bzw. 4:25 Stunden rechtfertigt nicht die Höchstgebühr. | LG Bochum 10.5.06, 10 Qs 8/06, www.burhoff.de |
Hauptverhandlungen beim AG von 35 und 40 Minuten sind nicht von so kurzer Dauer, dass nicht die Mittelgebühr gerechtfertigt wäre | LG Zweibrücken VRR 12, 199; LG Zweibrücken RVG prof. 12, 82 |
In einer Strafrichtersache ist bei einer Terminsdauer von rund 40 Minuten die Mittelgebühr angemessen. | AG Anklam 2.2.06, 62 Ds 513 Js 957/05 (378/05), www.burhoff.de |
Eine Hauptverhandlungsdauer in einem Berufungsverfahren mit einer eher durchschnittlichen Dauer von 71 Minuten rechtfertigt den Ansatz der Höchstgebühr regelmäßig nicht; lediglich das Zusammentreffen mit einer ausführlichen, rechtlich schwierigen Berufungsbegründung begründet eine Erhöhung der Mittelgebühr auf 340 EUR. | AG Betzdorf 25.2.09, 2070 Js 53842/05.2a Cs |
In einer einfach gelagerten Strafsache rechtfertigt eine Hauptverhandlungsdauer von 10 Minuten beim AG nicht den Ansatz der Mittelgebühr. | AG Koblenz AGS 07, 191 |
Für eine Hauptverhandlungsgebühr kommt es nur auf den Umfang der Hauptverhandlung selbst an, nicht auch auf den Umfang des übrigen Verfahrens; für eine 30-minütige Hauptverhandlung ist eine Terminsgebühr von 180,00 EUR angemessen. | AG Koblenz AGS 04, 484 m. Anm. N. Schneider |
Hauptverhandlung von nur zwei Minuten Dauer rechtfertigt den Ansatz einer Gebühr von 215 EUR nicht, sondern es sind nur 90 EUR angemessen. | AG Koblenz RVG prof. 08, 124 |
Für eine 25-minütige Verhandlung, in der keine Beweisaufnahme stattgefunden hat, sondern lediglich der Angeklagte gehört wurde, sind 180 EUR als Terminsgebühr ausreichend und angemessen. | AG Baden-Baden AGS 06, 120 |
Für eine 35-minütige Verhandlung mit kurzer Beweisaufnahme, Erörterung und Antragstellung ist eine Mittelgebühr i.H. von 230 EUR angemessen. | AG Baden-Baden AGS 06, 120 |
Hauptverhandlungsdauer von einer Stunde beim Amtsrichter keinesfalls unterdurchschnittlich; Wartezeiten sind zu berücksichtigen. | AG Bensheim NZV 08, 108 |
Deutlich unterdurchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung von 10 Minuten rechtfertigt den Ansatz der Gebühr in Höhe von 230 EUR regelmäßig nicht. Mit einer Gebühr von 140 EUR ist die Verteidigertätigkeit angemessen honoriert. | AG Betzdorf 23.2.09, 2090 Js 28238/08.jug 2 Ds |
Bei einer normalen Strafsache ist von der „Mittelgebühr“ auszugehen, wobei z.B. das intensive Bemühen um eine Absprache, die zu einer Abkürzung der Hauptverhandlung geführt hat, berücksichtigt wird. | AG Lüdinghausen RVGreport 06, 183 |
Hauptverhandlungen beim AG von 35 und 40 Minuten sind von sehr kurzer Dauer und rechtfertigen, wenn besondere Schwierigkeiten nicht ersichtlich sind, der Aktenumfang verhältnismäßig gering ist und die Angelegenheit rechtlich einfach gelagert gewesen ist, nur eine Terminsgebühr in Höhe des doppelten der Mindestgebühr. | AG Pirmasens RVG prof. 12, 80 (aufgehoben durch LG Zweibrücken) RVG prof. 12, 82 |
Durchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung in einem Strafverfahren beim AG von 115 Minuten rechtfertigt nur die Mittelgebühr (m.E. zweifelhaft). | AG Westerburg JurBüro 07, 310 |
Weiterführender Hinweis
- Rechtsprechungsübersicht zur Bemessung der Terminsgebühr im Bußgeldverfahren folgt in RVG prof. 9,13