· Fachbeitrag · Terminsgebühr
So kann die Terminsgebühr bei einer Durchsuchung mit Vernehmung entstehen
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg
| Die Frage, ob der Verteidiger für seine Teilnahme an einer Durchsuchungsmaßnahme eine Vernehmungsterminsgebühr abrechnen kann, wird (zutreffend) verneint (Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., Nr. 4102 VV Rn. 44), da die Durchsuchung nicht zu den in der Nr. 4102 VV RVG enumerativ aufgezählten Terminen gehört. Das AG Bad Kreuznach ist allerdings der Ansicht, dass sie entsteht, wenn es während der Durchsuchungsmaßnahme zu einer Vernehmung des Beschuldigten i. e. S. gekommen ist. |
Sachverhalt
Der Verteidiger hatte auch eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG für seine Teilnahme an einer Durchsuchungsmaßnahme geltend gemacht. Das hat er mit Nachfragen der Durchsuchungsbeamten während der Durchsuchung begründet, an der er teilgenommen hat. Vor der Beantwortung einzelner Fragen habe der Verteidiger sich mit seinem Mandanten in einem Nebenraum besprochen. Aus dem Durchsuchungsbericht ergebe sich zudem, dass der Beschuldigte belehrt und der Durchsuchungsbeschluss eröffnet worden sei. Das AG hat der Erinnerung des Anwalts gegen die Absetzung der Gebühr abgeholfen und sie für die Teilnahme an der Durchsuchung festgesetzt (AG Bad Kreuznach 23.4.18, 400 Cs 1023 Js 7986/16, Abruf-Nr. 204627).
Entscheidungsgründe
Das AG ist der Ansicht, dass der formelle Vernehmungsbegriff der StPO gilt (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4102 VV Rn. 19; zum Begriff Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl., Rn. 4384). Denn dem späteren Angeklagten ist von den ermittelnden Polizeibeamten bei Durchführung der Durchsuchung zutreffend der Status eines Beschuldigten zuerkannt worden. Entsprechend ist er ausweislich des Durchsuchungsberichts auch über bestehende prozessuale Rechte belehrt worden. Obwohl die entsprechende Formulierung sehr allgemein gehalten ist, ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte dabei vor allem auch über sein Schweigerecht belehrt worden ist. Bereits diese Tatsache spricht für eine Vernehmungssituation. Daher handelt es sich bei den vom Beschuldigten gemachten Angaben weder um spontane Äußerungen noch um Auskünfte im Rahmen einer bloß informatorischen Befragung, sondern um Aussagen anlässlich einer förmlichen Vernehmung.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung trifft zu. Um Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG anzuwenden, kommt es darauf an, dass der Verteidiger an einer „Vernehmung“ seines Mandanten durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere Strafverfolgungsbehörde (Polizei, Zoll-, Finanzbehörde) teilgenommen hat. Das war hier der Fall.
Wichtig | Die Entscheidung ändert nichts daran, dass der Verteidiger für seine Teilnahme an einer Durchsuchung grundsätzlich keine Terminsgebühr für die Vernehmung (analog) Nr. 4102 VV RVG erhält. Grund: Es ist nicht auf die Teilnahme an der Maßnahme i. e. S. abzustellen, sondern darauf, dass während der Durchsuchung der Beschuldigte vernommen worden ist. Da das der Fall war, ist das Entstehen der Gebühr Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG bejaht worden.
PRAXISTIPP | Prüfen Sie bei einer Teilnahme an Durchsuchungsmaßnahmen immer, ob der Mandant vernommen wurde. Hierfür ist nicht entscheidend, ob er belehrt wurde. Ist das der Fall, wird sich eine Vernehmung kaum verneinen lassen. Der Umstand der Belehrung ist jedoch nicht Voraussetzung für eine Vernehmung i. e. S. Denn auch eine Anhörung ohne Belehrung nach § 163a Abs. 4, § 136a StPO ist ggf. eine Vernehmung. Die Frage, ob belehrt worden ist, hat somit auf die Charakterisierung der Maßnahme keinen Einfluss, sondern nur auf die spätere Verwertung der Ergebnisse/Inhalte der Vernehmung. Entscheidend für die Annahme einer Vernehmung und damit die Gebühr nach Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG ist, dass der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft verlangt (vgl. Burhoff, a. a .O.). |