Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Übungen zur Abrechnungspraxis

    Erst Wahlanwalt, dann Pflichtverteidiger, oder: Wirkt die Pflichtverteidigerbestellung zurück?

    von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | Die sog. Erstreckung des § 48 Abs. 6 RVG in der Abrechnungspraxis richtig umzusetzen, ist häufig schwierig. Die folgenden sechs Übungen helfen, alles richtig zu machen. |

     

    • Übung 1

    Rechtsanwalt R ist zunächst Wahlverteidiger und verteidigt den Beschuldigten von Beginn an. Er wird im gerichtlichen Verfahren während bereits laufender Hauptverhandlung, die bei der Strafkammer stattfindet, am vierten Hauptverhandlungstag als Pflichtverteidiger bestellt. Welche gesetzlichen Gebühren kann R abrechnen?

     

    Lösung:

    Maßgeblich ist § 48 Abs. 6 S. 1 RVG. Danach erhält der Rechtsanwalt, wenn er im Laufe des ersten Rechtszugs bestellt wird, seine Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt der Bestellung oder Beiordnung. Das bedeutet:

    • Da Rechtsanwalt R von Anfang an für den Beschuldigten tätig war, ist die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren entstanden.
    • Entstanden sind außerdem die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG und vier Terminsgebühren Nr. 4114 VV RVG.

     

    Diese kann er über § 48 Abs. 6 S. 1 RVG alle als gesetzliche Gebühren (also alle i. H. d. Pflichtverteidigergebühren) geltend machen (OLG Schleswig SchlHA 06, 301).

     
    • Übung 2

    Rechtsanwalt R hat im Fall 1 im Ermittlungsverfahren 400 Kopien angefertigt. Er fragt, ob er die dafür entstandenen Kosten aus der Staatskasse ersetzt verlangen kann?

     

    Lösung:

    Ja. § 48 Abs. 6 RVG spricht von der „Vergütung“ des Rechtsanwalts. Darunter sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 S. 1 RVG „Gebühren und Auslagen“ zu verstehen.