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  • · Fachbeitrag · Vernehmungsterminsgebühr

    Verhandeln im Haftprüfungstermin: Diese Umstände fallen unter den Verhandlungsbegriff

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Für den Anfall und die Anerkennung der Terminsgebühr gem. Nr. 4102, 4103 VV RVG kommt es maßgeblich darauf an, ob im Termin, an welchem der Verteidiger teilgenommen hat, „verhandelt“ worden ist. Dies ist nicht der Fall, wenn lediglich eine Aushändigung und Bekanntgabe, also die Verkündung eines schon bestehenden Haftbefehls gemäß § 114a StPO stattfindet (LG Traunstein 20.9.12, 1 Ks 201 Js. 3874/11, Abruf-Nr. 131329).

     

    Sachverhalt

    Der Beschuldigte B wurde nach seiner vorläufigen Festnahme am Folgetag der Ermittlungsrichterin E beim AG vorgeführt. Dort hat er Angaben zu seiner Person gemacht. Nach Belehrung über den Tatvorwurf, die in Frage kommenden Strafvorschriften, den Haftbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft und sein Schweigerecht hat der Verteidiger V für den B erklärt, dass dieser derzeit keine weiteren Angaben zur Sache machen werde. Der persönlich anwesende sachbearbeitende Staatsanwalt stellte daraufhin nochmals Antrag auf Erlass eines Haftbefehls. E erließ nach kurzer Unterbrechung den Haftbefehl. Dieser wurde B und V ausgehändigt. B wurde nochmals über seine Rechtsbehelfe belehrt. Er hat hierzu keine weiteren Angaben gemacht, allerdings erklärt, er möchte den V als Pflichtverteidiger beigeordnet bekommen, was auch geschah. Insgesamt hat der Termin 35 Minuten gedauert. Der V hat als Pflichtverteidiger für die Teilnahme am Termin die Gebühr Nr. 4102, 4103 VV RVG abgerechnet. Deren Festsetzung ist abgelehnt worden. Das Rechtsmittel von V hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Für den Anfall und die Anerkennung der Terminsgebühr gemäß Nr. 4102, 4103 VV RVG kommt es maßgeblich darauf an, ob in dem Termin, an welchem der Verteidiger teilgenommen hat, „verhandelt“ worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Schon aufgrund des dargestellten Ablaufs und der Dauer des Termins steht hier außer Frage, dass ein „Verhandeln“ stattgefunden hat. Dies war Grundlage für den Erlass des Haftbefehls und für den Beschluss über die Pflichtverteidigerbestellung. Es hat nicht nur die bloße Aushändigung oder Bekanntgabe eines schon bestehenden Haftbefehls gemäß § 114a StPO stattgefunden, vielmehr erfolgte eine Verhandlung mit Anhörung und Antragstellung. Deren Ergebnis ist der Erlass des Haftbefehls (ohne Außervollzugsetzung), also eine Entscheidung über Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft gewesen. Ein stärker belastendes und bindendes Ergebnis dieser „Verhandlung“ vor der Ermittlungsrichterin ist kaum denkbar.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der h.M. in Rechtsprechung und Literatur. Diese geht unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift davon aus, dass die bloße Haftbefehlseröffnung nicht unter Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG fällt.

     

    Berichtenswert ist die Entscheidung aber vor allem deshalb, weil das LG in einem Streit in Rechtsprechung und Literatur Stellung bezieht. Umstritten ist nämlich die Frage, ob die Gebühr Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG entsteht, wenn der Beschuldigte im Termin von seinem Recht zum Schweigen Gebrauch macht. Zum Teil wird das verneint (KG StRR 09, 277; OLG Hamm RVGreport 06, 469), zum Teil bejaht (LG Berlin StraFo 06, 472; LG Bielefeld StV 06, 198).

     

    Das LG weist darauf hin, dass wenn an das Wahlrecht des Beschuldigten nachträglich im Wege des Kostenrechts die Folge geknüpft wird, dass der Verteidiger für die Teilnahme am Termin keine Gebühr erhielte, so über den Umweg des Kostenrechts Druck auf den Beschuldigten ausgeübt wird. Er würde in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, weil ihm wegen der kostenrechtlich nachteiligen Folgen für seinen Verteidiger es zweckmäßiger erscheinen könnte und müsste, sich Inhaltlich zur Sache zu äußern.

     

    Ein interessanter Ansatz, auf den der Verteidiger in Fällen, in denen es erforderlich ist, hinweisen sollte. Hier war es nicht erforderlich und kam es auf die Frage auch nicht mehr an, da genügend anderes im Termin geschehen war, was die Festsetzung der Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG so oder so rechtfertigte.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zum Schweigen als gezielte Mitwirkung zur Einstellung des Verfahrens, BGH RVG prof. 11, 83 Abruf-Nr. 110580
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 79 | ID 36171260