· Fachbeitrag · Verteidigerhonorar Teil 1
Zeitpunkt und Info: Darauf sollten Sie bei Ihrer Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger achten
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg
| Das RVG hat zwar mit den Neuerungen durch das KostRÄG 2021 zu einem erhöhten Gebührenaufkommen insbesondere bei Strafverteidigern geführt. Dennoch sind die Rahmengebühren immer noch recht niedrig. Dem möchten viele Verteidiger mit einer Vergütungsvereinbarung (im Folgenden kurz: VV) begegnen. Die folgenden Ausführungen befassen sich zunächst mit der Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, um als Verteidiger mit dem Mandanten ein Gespräch über die anwaltliche Vergütung zu führen. Sie erfahren zudem einige allgemeine Punkte, auf die Sie beim Abschluss einer VV achten sollten. Weitere Beiträge in den nächsten Ausgaben von RVG prof. befassen sich mit dem Inhalt einer VV und den bei einem Abschluss zu beachtenden Formvorschriften. |
1. Dann sollten Sie über eine Vergütungsvereinbarung sprechen
Let´s talk about money. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für das Gespräch mit dem Mandanten über eine VV lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Das Gespräch darf einerseits nicht zu früh, andererseits aber auch nicht zu spät stattfinden. Insoweit gilt:
Zu früh ist ein Gebührengespräch i. d. R., wenn der Verteidiger bereits zu Beginn des ersten Gesprächs mit dem Mandanten die Frage einer Honorierung seiner Tätigkeiten durch eine „besondere“ Vergütung thematisiert. Zu diesem Zeitpunkt weiß der Verteidiger im Zweifel noch gar nicht, was dem Mandanten überhaupt vorgeworfen wird und damit auch nicht, welcher zeitliche Arbeitsaufwand auf ihn als Verteidiger zukommt. Das auf den Mandanten zukommende Kostenrisiko lässt sich also überhaupt nicht abschätzen. Zudem sind weitere Umstände nicht bekannt, die für den Inhalt und den Abschluss der Vergütungsvereinbarung maßgeblich sein können, wie Alleinverteidigung, finanzielle Situation des Mandanten, ggf. drohende Inhaftierung usw. Etwas anderes gilt, wenn der Verteidiger immer nur auf der Grundlage einer zuvor geschlossenen VV tätig wird.
Das Gespräch mit dem Mandanten über die VV darf andererseits aber auch nicht zu spät geführt werden. Darauf ist gerade in Strafsachen zu achten, da ein (zu) spätes Gespräch, also z. B. erst vor einem anstehenden Hauptverhandlungstermin oder vor drohenden Zwangsmaßnahmen schnell dazu führt, dass sich der Mandant (vermeintlich) in einer Drucksituation befindet. Dies kann im Hinblick auf § 138 BGB Auswirkungen auf die Wirksamkeit der VV haben (vgl. dazu BGH RVG prof. 10, 91; 19, 58). Zudem wird sich ein Mandant „hintergangen“ fühlen, der unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 BGB von seinem Verteidiger zu spät über eine potenzielle VV informiert wird. Dies kann sich ggf. negativ auf den Zahlungswillen auswirken.
PRAXISTIPP | Es ist ratsam, das „Vergütungsgespräch“ entweder am Ende des ersten (Informations-)Gesprächs oder zu Beginn des ersten Gesprächs nach Akteneinsicht zu führen. Spätestens dann hat der Verteidiger einen Überblick, was an Arbeit auf ihn und was an Vergütung auf den Mandanten zukommen kann. Im Übrigen gilt: Je näher ein Hauptverhandlungstermin rückt, desto weniger zulässig ist im Hinblick auf § 138 BGB dann noch der Vorschlag einer VV. Dem Mandanten muss es immer noch möglich sein, einen anderen Verteidiger zu beauftragen. Das gilt vor allem in Haftmandaten. |
2. So informieren Sie den Mandanten über die Gebührenhöhe
Der Mandant muss wissen, was auf ihn zukommt. Hierzu ist es sinnvoll, ihn vorab auf das Gespräch vorzubereiten. Dabei empfiehlt es sich, das Vergütungssystem „RVG ‒ Pflichtverteidigung ‒ Vergütungsvereinbarung“ zu erläutern. Räumen Sie gleich mit dem unter Laien weit verbreiteten Irrtum auf: Die Pflichtverteidigung ist keine „Verteidigung zum Nulltarif“. Zwar muss der Beschuldigte im Fall der Bestellung seines Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger keine Gebühren vorschießen. Die an den Pflichtverteidiger gezahlten gesetzlichen Gebühren sind aber Gerichtskosten (Nr. 9007 VV GKG), die im Fall einer Verurteilung vom Angeklagten im Rahmen des Kostenansatzes eingefordert werden. Ggf. kommt eine „Niederschlagung der Kosten“ in Betracht, wenn der Mandant nicht in der Lage ist, sie zu zahlen (vgl. § 2 Abs. 2 GebührenbefreiungsG).
Sie sollten außerdem die Berechnungsgrundlagen für die zu vereinbarende Vergütung transparent machen. Im besten Fall stehen dazu bereits Informationen auf Ihrer Website. Möglich ist ein Merkblatt, das Sie dem Mandanten aushändigen, ihm zusenden oder im Wartebereich Ihrer Kanzlei auslegen. Wird die Vergütungsfrage nicht bereits im (ersten) Gespräch abschließend erörtert, können Sie dem Mandanten die zu unterzeichnende VV mit Erläuterungen zusenden. Dies gibt diesem die Möglichkeit, in Ruhe darüber nachzudenken. Zudem schließt diese Vorgehensweise den Einwand aus, der Mandant sei unzulässigerweise zum Abschluss der VV gedrängt worden.
PRAXISTIPP | Die Erfahrung zeigt: Je umfassender der Mandant über die Grundlagen der potenziellen VV, die verschiedenen Abrechnungsmodelle und die Abrechnungsmodalitäten informiert wird, desto höher ist die Akzeptanz, eine VV abzuschließen. Dazu gehört auch der Hinweis, dass der Verteidiger nur auf Grundlage einer VV tätig wird (falls das beabsichtigt ist). Diese Verknüpfung ist zulässig (BGH RVG prof. 13, 96). Das Gleiche gilt für die frühzeitige Information, dass die Staatskasse im Fall einer Erstattung nach einem Freispruch nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss (§ 3a Abs. 1 S. 3 RVG). |
Weiterführende Hinweise
- Der Beitrag wird fortgesetzt: Diese Punkte sollten Sie in Ihrer Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger vereinbaren
- Der Beitrag wird fortgesetzt: Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger: Diese Formvorschriften müssen Sie einhalten