· Fachbeitrag · Wirtschaftsstrafrecht
Rahmengebühr: Diese Kriterien sind bei der Bemessung zu berücksichtigen
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
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Sachverhalt
Der Rechtsanwalt macht als Verteidiger des in einem Wirtschaftsstrafverfahren freigesprochenen Angeklagten die Wahlanwaltsgebühren geltend. Das LG hatte die vom Verteidiger geltend gemachten Gebühren nicht in voller Höhe festgesetzt. Sein dagegen gerichtetes Rechtsmittel hat Erfolg gehabt.
Entscheidungsgründe
Im Folgenden werden die sehr umfangreichen Entscheidungsgründe und weiteren Leitsätze des OLG nach Gebührentatbeständen aufgeteilt und gebündelt. Zur Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG) hat das OLG entschieden:
- Es handelt sich bei der erstmaligen Einarbeitung in ein Wirtschaftsstrafverfahren um eine schwierige Angelegenheit, wenn auch die für einen Strafverteidiger nicht alltägliche Spezialmaterie des Insiderhandels Verfahrensgegenstand war.
- Ein fünf Stunden dauerndes Erstgespräch mit dem Mandanten zur Einarbeitung liegt erheblich über dem Durchschnitt des in allen Strafverfahren anfallenden Aufwands.
Für die Bemessung der gerichtlichen Verfahrensgebühr (Nr. 4118 VV RVG) gilt:
- Die Berücksichtigung von EU-Recht, insbesondere in erstinstanzlich vor der Wirtschaftsstrafkammer verhandelten Verfahren, macht die anwaltliche Tätigkeit lediglich durchschnittlich schwierig.
- Auch die Art der dem Angeklagten vorgeworfenen Straftat (unerlaubter Insiderhandel) weist gegenüber sonstigen Wirtschaftsstrafsachen keine besonderen Schwierigkeiten auf.
- Im Gebührenrahmen der gerichtlichen Verfahrensgebühr ist bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit anhand eines Aktenumfangs von 382 Seiten nebst zwei Beweismittelordnern bei Übernahme des Mandats und 603 Seiten bei Abschluss der ersten Instanz von einem für eine Wirtschaftsstrafsache geringen Umfang auszugehen.
- Ein besonderer Arbeitsumfang der anwaltlichen Tätigkeit besteht aber in der Entwicklung einer gemeinsamen Verteidigungsstrategie in Zusammenarbeit mit dem Verteidiger eines weiteren Angeklagten im Rahmen der allgemeinen Vorbereitung zur Hauptverhandlung. Das rechtfertigt eine über der Mittelgebühr liegende Verfahrensgebühr von 450 EUR.
- Eine besondere Bedeutung der Angelegenheit wird nicht durch eine drohende Anordnung des Verfalls des Wertersatzes begründet. Diese ist in Wirtschaftsstrafsachen nicht unüblich.
Die Terminsgebühr nach Nr. 4120 VV RVG wird wie folgt bemessen:
- Bei der Bemessung der gerichtlichen Terminsgebühr ist die Dauer des Hauptverhandlungstermins nicht das alleinige Kriterium. Denn auch die mit der Terminsgebühr mitabgegoltene Vor- und Nachbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins sind mit zu berücksichtigen.
- Die Dauer des Hauptverhandlungstermins bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des OLG nach dessen tatsächlichem Beginn. 30 Minuten übersteigende Pausen sind in Abzug zu bringen.
- Hauptverhandlungstermine mit einer Dauer von sechs bis acht Stunden liegen im Durchschnitt der üblichen Dauer für Verfahren vor dem Schwurgericht oder der Wirtschaftsstrafkammer.
Praxishinweis
Die Entscheidung behandelt die Bemessung der Rahmengebühren lehrbuch- oder kommentarartig. Sie kann daher auch in anderen Verfahren als Wirtschaftsstrafverfahren als Beispiel für die angemessene und richtige Bemessung der Rahmengebühren herangezogen werden.
Weiterführende Hinweise
- RVG prof. 13, 214: Bemessung der Verfahrensgebühr im Strafverfahren
- RVG prof. 13, 176: 25 Fragen und Antworten zur Verfahrensgebühr in Straf- und Bußgeldverfahren
- RVG prof. 13, 124: 25 Fragen und Antworten zur Terminsgebühr in Straf- und Bußgeldverfahren
- RVG prof. 11, 119: Bemessung der Rahmengebühr, Besprechung von VG Berlin 5.11.10, 80 KE 2.10, Abruf-Nr. 112137