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  • · Fachbeitrag · Zusätzliche Verfahrensgebühr

    AG auf dem „Holzweg“: Einstellung aufgrund der in anderen Verfahren zu erwartenden Strafe

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | Wird das Verfahren ausdrücklich aufgrund einer in einem anderen Verfahren zu erwartenden Strafe eingestellt (§ 154 StPO), weil die im vorliegenden Verfahren verfolgte Tat nicht beträchtlich ins Gewicht fällt, spielte nach Ansicht des AG Aschaffenburg das vom Verteidiger vorgetragene Einlassungsverhalten des Beschuldigten für die Einstellung des Verfahrens keine Rolle. Die zusätzliche Gebühr der Nr. 4141 VV RVG entstehe daher mangels einer auf die Förderung des Verfahrens gerichteten Tätigkeit nicht. Doch hier irrt das AG. |

     

    Sachverhalt

    Die Pflichtverteidigerin hatte im Ermittlungsverfahren für den Beschuldigten Stellung genommen. Das Verfahren ist nach § 154 StPO eingestellt worden. Die Verteidigerin hat die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht, die der Rechtspfleger nicht festgesetzt hat. Die Erinnerung hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG: Dem Aktenverlauf lasse sich keine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit der Verteidigerin entnehmen. Das von der Verteidigerin vorgetragene Einlassungsverhalten des Beschuldigten habe für die Einstellung des Verfahrens keine Rolle gespielt, sodass die Gebühr der Nr. 4141 VV RVG mangels Mitwirkung nicht entstanden sei. Für die Entstehung der Gebühr seien höhere Anforderungen als Haftbeschwerde, Akteneinsicht und eine anschließende Einstellung durch die Staatsanwaltschaft erforderlich (AG Aschaffenburg 24.7.17, 390 AR 46/17, Abruf-Nr. 201180).

     

    Relevanz für die Praxis

    Das AG übersieht, dass die Verteidigerin sehr wohl an der Einstellung des Verfahrens mitgewirkt hat und deshalb die Gebühr Nr. 4141 VV RVG festzusetzen gewesen wäre. Für das Entstehen der Gebühr reicht jede auf die Förderung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete und zur Verfahrensbeendigung „objektiv geeignete“ Tätigkeit des Anwalts aus (BGH RVG prof. 08, 205; LG Dresden RVG prof. 10, 27; LG Saarbrücken RVGreport 16, 254). Das bedeutet für den Fall des AG Aschaffenburg: Das vom AG selbst erwähnte „Einlassungsverhalten“ des Beschuldigten, der im Zweifel geschwiegen hat, ist ausreichend gewesen, denn dieses war objektiv geeignet, zur Beendigung des Verfahrens ‒ durch Einstellung ‒ beizutragen. Ob dies tatsächlich so ist, ist im Rahmen der Nr. 4141 VV RVG bedeutungslos.

     

    MERKE | Dass die Staatsanwaltschaft den aus ihrer Sicht evtl. einfacheren Weg der Einstellung nach § 154 StPO gegangen ist, sagt nichts über die Qualität der Mitwirkung des Verteidigers aus. Und das ist m. E. auch zutreffend, sonst hätten es die Gerichte in der Hand, durch die Wahl des „richtigen“ Einstellungsgrundes die Voraussetzungen für das Entstehen der Nr. 4141 VV RVG zu legen oder nicht. Das kann nicht richtig sein.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 113 | ID 45292806