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  • · Fachbeitrag · Auslagen

    Bei zulässiger Wahl des auswärtigen Gerichtsstands werden die Reisekosten erstattet

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Steht dem Kläger nach § 35 ZPO ein Wahlrecht zwischen dem Gerichtsstand an seinem Wohnsitz und einem auswärtigen Gerichtsstand zu, sind seine Reisekosten sowie die seines Anwalts nach Ansicht des OLG Celle erstattungsfähig, wenn er den auswärtigen Gerichtsstand wählt. |

     

    Sachverhalt

    Im entschiedenen Fall war der in Berlin ansässige K in einen Verkehrsunfall mit B vor Ort verwickelt. K beauftragte daraufhin den in Berlin niedergelassenen Anwalt A mit der Schadensregulierung. Da der Versicherer nicht zahlte, wurde Klage erhoben. Um der ungünstigen Rechtsprechung des KG zur Vorschadenproblematik zu entgehen, entschloss sich K auf Anraten des A, nicht am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in Berlin (§ 32 ZPO), sondern am Wohnsitz des B (als allgemeinem Gerichtsstand des § 13 ZPO) in Lüneburg zu klagen. Nachdem der Rechtsstreit erfolgreich abgeschlossen worden war, beantragte K zu Recht die Erstattung der eigenen Reisekosten und der Reisekosten des A für die Fahrt nach Lüneburg zum Termin zur mündlichen Verhandlung (OLG Celle 11.7.2024, 2 W 98/24, Abruf-Nr. 243025).

     

    Relevanz für die Praxis

    Gemäß § 35 ZPO steht einem Kläger unter mehreren zuständigen Gerichten das Wahlrecht zu. Dieses darf er bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs unabhängig davon ausüben, welcher Gerichtsstand die geringsten Kosten für den Gegner verursachen würde. Um einen Wertungswiderspruch zur Wahlfreiheit des § 35 ZPO zu vermeiden, kommt eine Versagung der Kostenerstattung erst in Betracht, wenn sich die Gerichtsstandswahl im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich erweist (BGH AGS 14, 204). Insoweit war hier nicht zu beanstanden, dass K ein auswärtiges Gericht gewählt hat, weil er aufgrund der dortigen Rechtsprechung höhere Erfolgsaussichten für seine Klage gesehen hat.

     

    Auch die Parteikosten des Klägers waren nach § 91 Abs. 1 S 2 ZPO i. V. m. § 5 JVEG festzusetzen. Gleiches gilt für die Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. § 20 JVEG, da das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet war.

     

    Soweit aber das OLG hinsichtlich der Parteireisekosten darauf abgestellt hatte, dass das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet war, ist dies falsch. Eine Partei erhält auch dann Ersatz ihrer Kosten der Terminswahrnehmung, wenn das persönliche Erscheinen nicht angeordnet ist (OLG Koblenz AGS 10, 102; OLG Saarbrücken AGS 12, 496). Einer Partei steht immer das Recht zu, am eigenen Termin teilzunehmen. Denn wer besser als die Partei selbst kann ‒ insbesondere in Verkehrsunfallsachen ‒ zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen? Wer besser als die Partei kann einem Zeugen oder dem Gegner Vorhalte machen, wenn dieser die Unwahrheit sagt? Wer besser als die Partei kann entscheiden, ob ein Vergleich geschlossen wird oder nicht?

    Quelle: Ausgabe 10 / 2024 | Seite 173 | ID 50146250