· Fachbeitrag · Einigung im Parallelverfahren
Keine Terminsgebühr ohne Termin
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
Die Behandlung von Streitgegenständen in gerichtlichen oder außergerichtlichen Terminen eines Verfahrens, in dem sie nicht anhängig sind, führt nicht nach Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG zu einer eigenen Terminsgebühr in dem Verfahren, in dem die einbezogenen Gegenstände anhängig sind. Eine Terminsgebühr fällt nur in dem Verfahren an, in dem ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Termin gemäß Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG stattgefunden hat (BAG 17.2.14, 10 AZB 81/13, Abruf-Nr. 142478). |
Sachverhalt
Der Kläger K begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr für ein Berufungsverfahren, in dem kein Gerichtstermin stattgefunden hat und dessen Streitgegenstände in einem anderen Rechtsstreit erledigt und bei der Festsetzung der dort angefallenen Terminsgebühr erhöhend berücksichtigt wurden: K erhob vor dem ArbG erfolgreich gegen die Beklagte B Ansprüche auf Arbeitsvergütung (Verfahren 2). B legte Berufung ein, und das LAG bestimmte den Termin zur Berufungsverhandlung. In einer weiteren Klage (Verfahren 1) machte K vor dem ArbG weitere Ansprüche geltend. Der Rechtsanwalt vertrat K in beiden Verfahren. K und B einigten sich in Verfahren 1 vergleichsweise in Bezug auf beide Verfahren und trafen keine Regelung über die Kostentragung in Verfahren 2. Das LAG hob den Termin zur Berufungsverhandlung in Verfahren 2 auf und verteilte die Kosten durch Beschluss nach § 91a ZPO. K begehrte die Festsetzung einer Terminsgebühr für das Berufungsverfahren. Das ArbG setzte für das Verfahren 1 eine Terminsgebühr aus dem Streitwert der Verfahren 1 und 2 fest und lehnte die Festsetzung einer Terminsgebühr für das Verfahren 2 mangels Termins ab. Das LAG wies die sofortige Beschwerde des K zurück. Seine Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Die Entscheidung ist richtig. Sie betrifft die ständig vorkommende Situation, dass sich die Bevollmächtigten im gerichtlichen Verfahren auch über Gegenstände vergleichen, die in einem Parallelverfahren anhängig sind. Eine Terminsgebühr fällt nur in dem Verfahren an, in dem ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Termin nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG stattgefunden hat.
Bei der Entscheidung kommt aber nicht deutlich zum Ausdruck, dass die Anrechnungsregelung hinsichtlich der 0,8-Differenzverfahrensgebühr nach Nr. 3101 Abs. 1 VV RVG zu beachten ist. Hiernach ist bei Einbeziehung anderweitig rechtshängiger Ansprüche, soweit der sich nach § 15 Abs. 3 RVG ergebende Gesamtbetrag der Verfahrensgebühren die Gebühr nach Nr. 3100 VV RVG übersteigt, der übersteigende Betrag auf eine Verfahrensgebühr anzurechnen, der wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht. Bei der Einbeziehung verfahrensfremder Gegenstände kann der Anwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, § 15 Abs. 2 RVG. Der überschießende Betrag ergibt sich aus der Verfahrensgebühr nach § 15 Abs. 3 RVG abzüglich der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG.
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Anwalt A hat für seinen Mandanten M eine Forderung von 10.000 EUR eingeklagt (Rechtsstreit 1). Der Beklagte B hatte zuvor M in anderem Verfahren auf Zahlung von 8.000 EUR verklagt (Rechtsstreit 2). In der mündlichen Verhandlung von Rechtsstreit 1 schließen die M und B über sämtliche Ansprüche einen Gesamtvergleich.
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Anders zu beurteilen ist die Situation, wenn in dem einbezogenen Verfahren ein Gerichtstermin stattgefunden hat, der bereits eine Gebühr ausgelöst hat. Ob die Gebühr entsteht, ist davon abhängig, ob die Voraussetzungen für eine Terminsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG erfüllt sind. Ist im einbezogenen Verfahren eine Terminsgebühr entstanden, muss die Anrechnungsvorschrift des Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG beachtet werden. Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG ist kein eigener Gebührentatbestand für das einbezogene Verfahren, sondern regelt nur für bestimmte Fälle die teilweise Anrechnung der im einbeziehenden Verfahren entstandenen Gebühr auf eine anderweitig entstandene Terminsgebühr im einbezogenen Verfahren. Die Vorschrift trifft eine unmittelbare Aussage nur zu der erhöhten Terminsgebühr in einem Verfahren, das durch Vergleich erledigt wird und dabei Gegenstände miterledigt, die in jenem Verfahren nicht streitgegenständlich waren. Für den Erhöhungsbetrag, der sich aus der Erhöhung des Streitwerts um den Wert der miterledigten Streitpunkte ergibt, ist angeordnet, dass er auf eine in dem miterledigten Verfahren entstandene Terminsgebühr anzurechnen ist. Der auch hier zu ermittelnde überschießende Betrag ergibt sich aus der Terminsgebühr aus dem Gesamtstreitwert abzüglich der Terminsgebühr aus dem rechtshängigem Wert.
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Anwalt A hat für seinen Mandanten M eine Forderung in Höhe von 10.000 EUR eingeklagt (Rechtsstreit 1). Der Beklagte B hatte bereits zuvor in einem anderen Verfahren Klage auf Zahlung von 8.000 EUR gegen M erhoben (Rechtsstreit 2). Dort wurde bereits verhandelt. Im Rechtsstreit 1 kommt es zur mündlichen Verhandlung. Dort einigen sich die Parteien über sämtliche Ansprüche. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Zu beachten ist, dass die Terminsgebühr in jedem der Verfahren gesondert anfällt, wenn eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts mehrere zwischen den Parteien anhängige Verfahren betrifft (BGH RVG prof. 12, 94). Die Gebühr wird nach den jeweiligen Streitwerten der betroffenen Verfahren berechnet.
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Anwalt A hat für seinen Mandanten M eine Forderung in Höhe von 10.000 EUR eingeklagt (Rechtsstreit 1). Der Beklagte B hatte M zuvor in einem anderen Verfahren auf Zahlung von 8.000 EUR verklagt (Rechtsstreit 2).Die Anwälte beider Parteien verhandeln außergerichtlich zwecks einer Einigung, die allerdings nicht zustande kommt.
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