· Fachbeitrag · Erfolgshonorar
Vereinbarung eines Erfolgshonorars bei Verzicht auf die Inanspruchnahme von Beratungshilfe
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
(AG Gengenbach 14.5.13, 1 C 193/13, Abruf-Nr. 132251) |
Sachverhalt
Die Beklagte B hatte sich an Rechtsanwalt R zur Prüfung ihrer erbrechtlichen Ansprüche gegen eine Erbengemeinschaft nach ihrer Großmutter gewandt und einen Beratungshilfeschein übergeben. Im Rahmen des Erstgespräches erklärte R, dass er das Mandat wegen des Haftungsrisikos nicht auf Beratungshilfebasis übernehmen könne. In einem Schreiben an B hat R dann eine Beurteilung der Rechtsfragen abgegeben. Die Parteien einigten sich dann auf eine erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarung, wonach R für die Nachlassangelegenheit der Großmutter der B als Vergütung insgesamt einen Betrag von 10 Prozent des Werts der jeweils realisierbaren Netto-Nachlassanteile der Auftraggeberin erhalten sollte. Die Vergütung sollte insgesamt oder anteilig mit Verfügbarkeit der jeweiligen Vermögenspositionen fällig werden. Die reguläre RVG-Vergütung wurde ausgeschlossen, eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen gesetzlichen Vergütung und der erfolgsunabhängigen vertraglichen Vergütung, zu der der Kläger bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, enthielt die Vereinbarung jedoch nicht. Nachdem die Angelegenheit nach Auffassung R für B erfolgreich erledigt war, rechnete er eine „vereinbarte Vergütung“ von 2.000 EUR ab. B weigerte sich zu zahlen. Gegenüber der Zahlungsklage machte sie geltend, dass R allenfalls eine Vergütung von 10 EUR zustehe, da es sich um ein Beratungshilfemandat gehandelt habe. Die Klage hatte beim AG keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Da es sich um eine umfangreiche und schwierige erbrechtliche Angelegenheit mit erheblichen Haftungsrisiken handelt, war R berechtigt, das Beratungshilfemandat nach § 49a Abs. 1 S. 2 BRAO abzulehnen. Da sich R erst einmal ein Bild von dem Umfang und den Risiken der Angelegenheit machen muss, reicht es aus, wenn er im Rahmen des Erstgesprächs zum Ausdruck bringt, dass er keine weitere Vertretung im Rahmen des Beratungshilfemandats durchführen wird. In Kenntnis der Beratungshilfeberechtigung hat die Beklagte dann durch die Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung - unabhängig von deren Wirksamkeit - auf die Inanspruchnahme von Beratungshilfe verzichtet. Deshalb greift § 3a Abs. 4 RVG i.V. mit § 8 BerHG nicht ein.
Die Vergütungsvereinbarung ist allerdings unwirksam. Die Vereinbarung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG. Danach ist in einer Modellrechnung im Rahmen der Vergütungsvereinbarung die voraussichtliche gesetzliche Vergütung der erfolgsabhängigen vertraglichen Vergütung gegenüberzustellen. Aufgrund der Unwirksamkeit der vertraglichen Vergütung stellt nach § 4b Abs. 1 S. 1 RVG die gesetzliche Vergütung die Obergrenze der anfallenden Vergütung dar. Die gesetzlichen Gebühren der Nachlassauseinandersetzung sind vom R - ohne dass dies durch B substanziiert bestritten worden wäre - mit 1.634 EUR beziffert worden.
Praxishinweis
Das AG hat zwar einen Vergütungsanspruch des R dem Grunde nach bejaht, diesen jedoch derzeit als noch nicht fällig angesehen. Dazu hat es auf § 242 BGB verwiesen. Des Weiteren verweist es darauf, dass die unwirksame Vergütungsvereinbarung R auch insoweit bindet, als er für die Fälligkeit der Vergütung die Bestimmung getroffen hat, dass diese insgesamt oder anteilig mit der Verfügbarkeit der jeweiligen Vermögensposition bei B eintritt. Es ist aber unstreitig, dass es innerhalb der Erbengemeinschaft eine gerichtliche Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs der auszuzahlenden Beträge gibt. Es ist noch zu klären, in welcher Höhe Nachlassverbindlichkeiten bestehen und welcher Anteil ausschließlich der B zusteht.
Die Entscheidung ruft noch einmal die formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ins Gedächtnis. Dazu gehört u.a. eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen gesetzlichen Vergütung und der erfolgsunabhängigen vertraglichen Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen (OLG Düsseldorf RVGreport 12, 255; AnwKomm-RVG/Onderka, 6. Aufl., § 4a Rn. 29).
Im Übrigen wird es ab 1.8.13 eine Änderung im Recht des Erfolgshonorars geben. Denn nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG a.F. war es bislang nicht möglich, in Beratungshilfemandaten ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Denn nach § 4a Abs. 1 RVG a.F. durfte ein Erfolgshonorar nur vereinbart werden, wenn der Auftraggeber ohne die Vereinbarung eines solchen aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Diese Voraussetzung, die das AG Gengenbach in seiner Entscheidung überhaupt nicht angesprochen hat, ist/war aber bei Beratungshilfefällen niemals erfüllt, weil Rechtsanwälte gemäß § 49a BRAO zur Übernahme von Beratungshilfe verpflichtet sind und der Rechtsuchende selbst nur die geringe Beratungshilfegebühr schuldet, er somit also nie „von der Rechtsverfolgung abgehalten“ wurde. Insoweit ist durch das 2. KostRMoG in § 4a Abs. 1 RVG ein S. 3 eingefügt worden. Danach bleibt für die Beurteilung nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG „die Möglichkeit, Beratungs- und Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht.“ Ziel der Neuregelung ist es vor allem, Rechtsanwälten für eine Leistung, die zu einem erheblichen Vermögenszuwachs beim Antragsteller führt, eine angemessene Vergütung zukommen zu lassen. Gleichzeitig soll die Regelung Anreize setzen, auch Mandate nicht bemittelter Rechtsuchender mit dem gebotenen Aufwand zu betreuen (BT-Drucks. 17/11472, S. 50). Indem das AG Gengenbach die Frage zur alten Fassung nicht mehr geprüft hat, war es der Zeit also voraus.