· Fachbeitrag · Gütliche Einigung
Vergleichsüberhänge nicht vergessen
| In Prozessvergleichen wird oft die Formulierung genutzt „Zur Abgeltung aller gegenseitigen (aus dem streitigen Rechtsverhältnis resultierenden) Ansprüche, seien diese eingeklagt oder nicht, bekannt oder unbekannt, zahlt der ...“. Damit sind auch alle denkbaren Ansprüche abgegolten, die nicht rechtshängig sind. Häufig nicht hinterfragt wird, welche Auswirkungen dieser „Vergleichsüberhang“ auf den Streitwert für den Vergleich hat. Er muss jedenfalls bei der Streitwertbemessung berücksichtigt werden, wenn ernsthaft weitere außergerichtliche Ansprüche im Raum standen. |
Fraglich ist, ob der Überhang mit dem vollen Wert des außergerichtlich geltend gemachten Anspruchs oder nur einem Teilbetrag zu bewerten ist. Das OLG Saarbrücken (28.6.11, 5 W 142/11, Abruf-Nr. 120236) hat sich für die zweite Variante entschieden. Nur selbstständige und zwischen den Parteien auch tatsächlich in Streit stehende Ansprüche sind hinzu zu addieren (OLG Frankfurt, NJW-RR 09, 1079; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., KV 1900, Rn. 10), vorausgesetzt, dass sie vergleichsweise im Sinne gegenseitigen Nachgebens erledigt werden (zu diesem dem Vergleich begriffsimmanenten Erfordernis Meyer, GKG, 7. Aufl., KV Nr. 1900, Rn. 167). Werden nicht rechtshängige Forderungen einbezogen, die mit Rücksicht auf zweifelhafte Realisierungsmöglichkeiten gar nicht erst eingeklagt worden sind, ist ihr wirtschaftlicher Wert abzuschätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit mit einer Befriedigung zu rechnen gewesen wäre. Der Vergleichswert erhöhte sich nur um den (Teil-)Betrag, der bei summarischer Prüfung durchsetzbar erscheint (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 5522, 5526 m.w.N. in FN 8).