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  • · Fachbeitrag · Tätigwerden in eigener Sache

    In diesen Fällen wird keine Umsatzsteuer festgesetzt

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Immer wieder treten in Kostenfestsetzungsverfahren Probleme auf, wenn Rechtsanwälte in eigener Sache tätig geworden sind und es nun um die Festsetzung der Umsatzsteuer geht. |

    1. Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung fehlt

    Wird die nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO vorgeschriebene Erklärung zum Vorsteuerabzug nicht abgegeben, wird faktisch die Festsetzung der Umsatzsteuer gar nicht beantragt. Ein Antragsgegner darf sich in diesem Fall darauf verlassen, dass das Gericht die Umsatzsteuer nicht festsetzt. Er muss nicht auch noch zusätzlich darauf hinweisen, dass der Rechtspfleger das Gesetz zu beachten hat.

     

    Kommt es dennoch zu einer fehlerhaften Festsetzung, muss der Antragsgegner Erinnerung oder sofortige Beschwerde einlegen, um seine Rechte zu wahren. Soweit dieser Rechtsbehelf oder dieses Rechtsmittel Erfolg hat, sind die dadurch entstandenen Kosten nach § 91 ZPO dem Erinnerungsgegner aufzuerlegen. Die Vorschrift des § 97 Abs. 2 ZPO ist zwar auch im Erinnerungsverfahren anwendbar. Sie greift hier aber nicht, da keine Verpflichtung besteht, bei fehlender Erklärung zum Vorsteuerabzug die Position der Umsatzsteuer zu rügen.

     

    • Beispiel (nach AG Grünstadt 17.7.20, 3 C 4/18)

    Nach Abschluss eines Honorarprozesses hatte der sich selbst vertretende Rechtsanwalt R die Erstattung seiner Kosten gegen den Beklagten B beantragt. Hierzu meldete er ohne Erklärung zum Vorsteuerabzug auch die auf seine Vergütung entfallende Umsatzsteuer an. Das AG setzte die angemeldete Vergütung in voller Höhe einschließlich Umsatzsteuer fest.

     

    Hiergegen legte B Erinnerung ein. Er wies darauf hin, dass die Umsatzsteuer mangels Erklärung zum Vorsteuerabzug nicht hätte festgesetzt werden dürfen. Daraufhin erklärte R, auf die Ansprüche aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu verzichten, soweit sie die Umsatzsteuer beträfen. Daraufhin wurde die Erinnerung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und das AG legte die Kosten des Erinnerungsverfahrens dem R auf.

     

    Begründung: Der Antragsgegner darf sich im Kostenfestsetzungsverfahren darauf verlassen, dass der Rechtspfleger die fehlende Erklärung zum Vorsteuerabzug berücksichtigt und die angemeldete Umsatzsteuer absetzt. Die Erklärung des Antragstellers muss eindeutig und unmissverständlich sein. Der Antrag auf Festsetzung der Umsatzsteuer kann nicht schon konkludent als Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO angesehen werden (LAG Frankfurt/M. AGS 00, 233).

    2. Tätigkeit in eigener Sache ist kein steuerbarer Umsatz

    Letztlich ging es im Beispielsfall nach dem AG Grünstadt (17.7.20, 3 C 4/18) aber gar nicht um die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung. Denn der Rechtsanwalt R war in eigener Sache tätig geworden und hatte Kostenerstattung nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO beantragt. Insoweit liegt ein sog. Eigenverbrauch vor, sodass die Tätigkeit nicht umsatzsteuerpflichtig war (OLG Hamburg MDR 99, 764). Von daher war die Abrechnung des R schon in sich falsch.

    3. Eigenverbrauch und Vorsteuerabzugsberechtigung: Umsatzsteuer gar nicht erst anmelden

    Immer wieder ist zu beobachten, dass Rechtsanwälte in eigener Sache bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO Umsatzsteuer anmelden und erklären, zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt zu sein. Dies ist falsch, weil gar keine Umsatzsteuer anfällt und sich damit die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung nicht stellen kann.

     

    Aber auch, wenn die Kosten für eine vorsteuerabzugsberechtigte Partei zur Festsetzung angemeldet werden, wird häufig die Umsatzsteuer zunächst einmal mit aufgeführt und angemeldet. Im zweiten Schritt wird dann erklärt, dass die Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Der Sinn eines solchen Vorgehens erschließt sich jedoch nicht. Denn warum meldet man eine Position an, von der man im Nachhinein erklärt, dass sie nicht erstattet verlangt wird?

     

    Ein solches Vorgehen kann nur zu Problemen und Kostennachteilen führen. Es kommt nämlich öfter vor, dass der Rechtspfleger übersieht, dass keine Erklärung zum Vorsteuerabzug gegeben worden ist. Mitunter überliest er auch eine dahin gehende Erklärung und setzt die Umsatzsteuer irrtümlich mit fest. Von daher sollte der Anwalt bei Eigenverbrauch oder bei Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei die Umsatzsteuer von vornherein gar nicht erst anmelden. Dann braucht man keine Erklärung gemäß § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abzugeben und es können keine Missverständnisse und Probleme auftreten.

    4. Umsatzsteuerfestsetzung ist nachträglich möglich

    Hatte der Erstattungsberechtigte die Umsatzsteuer zunächst nicht zur Festsetzung angemeldet oder hatte er irrtümlich erklärt, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, so kann er im Wege der Nachfestsetzung später doch noch die Festsetzung der Umsatzsteuer beantragen (OLG Hamburg JurBüro 10, 596; OLG Stuttgart RVGreport 09, 312 = NJW-RR 09, 1004). Die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses steht dem nicht entgegen, da mangels Anmeldung über die Position „Umsatzsteuer“ nicht entschieden worden ist.

     

    Ist die Umsatzsteuer dagegen angemeldet und vom Gericht abgesetzt worden, muss Erinnerung oder Beschwerde eingelegt werden. Eine Nachfestsetzung kommt in diesem Fall nicht in Betracht. Denn die ablehnende Entscheidung erwächst in Rechtskraft (OLG München AGS 04, 36 m. Anm. N. Schneider; OLG Karlsruhe RVGreport 07, 277 = JurBüro 07, 317).

     

    • Beispiel

    Nach Abschluss des Rechtsstreits meldet der Kläger K die ihm entstandenen Anwaltskosten nebst Umsatzsteuer an und

     

    a) erklärt, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein

    b) gibt keine Erklärung zum Vorsteuerabzug ab.

     

    Das Gericht setzt die Vergütung nur netto fest. Einen Monat später will K die ihm entstandene Umsatzsteuer im Wege der Nachfestsetzung noch festsetzen lassen.

     

    Lösung

    In der Variante a) ist durch die Erklärung, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, die Umsatzsteuer faktisch nicht zur Festsetzung angemeldet worden. Über sie ist daher nicht entschieden worden. Eine Nachfestsetzung ist möglich.

     

    Merke | Die vorherige Erklärung, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, steht dem nicht entgegen. Eine Partei ist während des Festsetzungsverfahrens und auch noch während des Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahrens berechtigt, ihre Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung jederzeit zu ändern. Maßgebend ist die zuletzt abgegebene Erklärung (OLG München JurBüro 96, 427).

     

    In der Variante b) kommt dagegen keine Nachfestsetzung mehr in Betracht. Das Gericht hat die Position „Umsatzsteuer“ rechtskräftig abgesetzt. K hätte die Absetzung der Umsatzsteuer mit der Erinnerung oder Beschwerde angreifen müssen. Die insoweit vorgesehene Zwei-Wochen-Frist des § 569 ZPO ist zwischenzeitlich jedoch abgelaufen.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2020 | Seite 222 | ID 46851038