· Fachbeitrag · Terminsgebühr
So bemisst sich die Gebühr bei zweitem Versäumnisurteil nach Vollstreckungsbescheid
von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
Wird der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid im streitigen Verfahren mangels anwaltlicher Vertretung des im Termin erschienenen Beklagten durch zweites Versäumnisurteil verworfen, erhält der Anwalt des Klägers lediglich eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG (OLG Brandenburg 27.4.12, 6 W 52/12, Abruf-Nr. 130219). |
Sachverhalt
Der Anwalt hatte für seinen Mandanten im Mahnverfahren einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Hiergegen hatte der Antragsgegner/Beklagte Einspruch eingelegt, sodass das Gericht nach Eingang der Anspruchsbegründung gemäß § 700 Abs. 4, § 272 Abs. 1 ZPO Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hat. Dort war der Beklagte zwar erschienen, allerdings ohne anwaltliche Vertretung, weshalb gegen ihn zweites Versäumnisurteil erging, mit dem der Einspruch verworfen wurde. Nach Rechtskraft des Versäumnisurteils rief der Beklagte den Anwalt des Klägers an und verhandelte mit ihm über eine Ratenzahlung, die jedoch nicht zustande kam.
Im Rahmen der späteren Kostenfestsetzung meldete der Kläger seine Vergütung für das gerichtlichen Verfahren an, darunter auch eine 1,2-Terminsgebühr, die der Rechtspfleger antragsgemäß festgesetzt hat. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde, mit der u.a. die Herabsetzung auf eine 0,5-Terminsgebühr beantragt wurde, hatte insoweit Erfolg. Das OLG hat lediglich die Festsetzung einer 0,5-Terminsgebühr zugelassen.
Entscheidungsgründe
Im Mahnverfahren war zunächst eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG für das Verfahren über den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids entstanden sowie eine weitere 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV RVG für das Verfahren über den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids.
Im gerichtlichen Verfahren ist sodann eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angefallen, auf die allerdings die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen war (Anm. zu Nr. 3305 VV RVG). Die Verfahrensgebühr für den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids blieb anrechnungsfrei.
Daneben ist lediglich eine 0,5 Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG angefallen, denn der Anwalt des Klägers hat lediglich einen Termin wahrgenommen, in dem der Gegner säumig war und lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt worden ist.
Dass hier ein zweites Versäumnisurteil ergangen war, ist unerheblich. Nicht bei jedem zweiten Versäumnisurteil entsteht die volle 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG.
Checkliste / 1,2 oder 0,5 Terminsgebühr bei zweitem Versäumnisurteil |
Die volle 1,2 Terminsgebühr bei Erlass eines zweiten Versäumnisurteils entsteht nur, wenn das zweite Versäumnisurteil erlassen wird aufgrund
Nimmt der Anwalt dagegen nur an einem Termin teil, in dem sogleich das zweite Versäumnisurteil ergeht, dann bleibt es bei einer 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG. Das sind die Fälle,
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1,2-Terminsgebühr bei Erscheinen der nicht postulationsfähigen Partei
Die volle 1,2-Terminsgebühr kann im vorliegenden Fall auch nicht damit begründet werden, dass zu dem Termin vor dem LG der Gegner persönlich erschienen war. Eine Partei, die wegen des vor dem LG bestehenden Postulationszwangs nicht ordnungsgemäß vertreten ist, wird einer nicht erschienenen Partei gleichgestellt, daher fällt nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG an, wenn daraufhin - wie hier - lediglich der Erlass eines Versäumnisurteils beantragt wird.
Eine volle 1,2-Terminsgebühr entsteht nur, wenn über den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils hinaus mit dem Gericht die Sache erörtert oder mit dem nicht postulationsfähigen Gegner die Möglichkeit einer einverständlichen Regelung besprochen wird (BGH RVG prof. 07, 75). Das war hier aber nicht der Fall.
Wird - wie hier - nur darauf hingewiesen, dass die Partei persönlich gemäß § 78 ZPO nicht postulationsfähig ist und keine Anträge stellen kann, dann bleibt es dagegen bei einer 0,5-Terminsgebühr (OLG Köln NJW 07, 1694).
Die Terminsgebühr ist auch nicht später durch die Ratenzahlungsverhandlungen angefallen, jedenfalls nicht festsetzbar, da das Gespräch nach Erlass des zweiten Versäumnisurteils und der darin enthaltenen Kostengrundentscheidung stattgefunden hat. Abgesehen davon, dass mit Erlass des zweiten Versäumnisurteils die Angelegenheit erledigt war, kann die Kostenentscheidung eines Urteils nur zur Festsetzung von solchen Kosten führen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und bis zum Urteilserlass entstanden waren. Ein Telefonat, das erst nach Abschluss des Rechtsstreits geführt worden ist, kann schon rein zeitlich nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sein.
Berechnung
Ausgehend von einem Streitwert von bis zu 9.000 EUR ergab sich damit folgende Berechnung:
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Praxishinweis
Anders verhält es sich, wenn der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verworfen wird. Da insoweit kein Termin stattfindet, käme lediglich die fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG in Betracht. Bei dem Verfahren nach Einspruch handelt es sich zwar grundsätzlich um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung, da im Zivilrechtsstreit nach § 128 Abs. 1 ZPO mündlich zu verhandeln ist. Soweit zum Teil darauf abgestellt wird, im „Verfahren über die Unzulässigkeit eines Einspruchs“ bedürfe es nach § 341 Abs. 2 ZPO keiner mündlichen Verhandlung (OLG Koblenz JurBüro 11, 590; LG Berlin RVGreport 06, 347), ist dies nicht zutreffend, da es sich insoweit nicht um ein eigenes Verfahren handelt, sondern lediglich um einen Verfahrensabschnitt.
Bei der Entscheidung, mit der der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen wird, handelt es sich jedoch nicht um eine der in Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG genannten Entscheidungen. Darum wird die fiktive Terminsgebühr aus diesem Grund nicht ausgelöst wird. Das Gericht bedarf nämlich nach § 341 Abs. 2 ZPO keiner Zustimmung der Parteien, um ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (im Ergebnis daher zutreffend (OLG Koblenz AGS 11, 482; LG Berlin RVGreport 06, 347).
Das gilt auch, wenn ein verspäteter Einspruch gegen ein Versäumnisurteil mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbunden wird. Auch dann entsteht keine Terminsgebühr, wenn ohne mündliche Verhandlung der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und der Einspruch verworfen wird (OLG Koblenz MDR 03, 1262).
Nach AG Ansbach (RVGreport 06, 388) soll dies auch gelten, wenn der Einspruch im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung verworfen wird, da die Entscheidung nach § 341 Abs. 2 ZPO auch ohne mündliche Verhandlung getroffen werden kann. Das dürfte allerdings unzutreffend sein. Wenn im Verfahren nach § 495a ZPO entschieden wird, löst dies nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG die Terminsgebühr aus. Dass das Gericht ohnehin ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden können ist unerheblich. Solange das Gericht nicht vom Verfahren nach § 495a ZPO Abstand nimmt, um nach § 341 Abs. 2 ZPO zu entscheiden, muss konsequenterweise eine Terminsgebühr ebenso anfallen, wie bei einer Einspruchsverwerfung in der mündlichen Verhandlung.