· Nachricht · Terminsgebühr
Volle Terminsgebühr bei teilweiser Klagerücknahme im Termin
| In der Praxis wird oft irrig angenommen, dass bei einer teilweisen Klagerücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung die 1,2-Terminsgebühr nicht aus dem ursprünglichen Streitwert entsteht, sondern aus dem dann noch rechtshängigen Wert zu berechnen ist. Das OLG Frankfurt hat dies jetzt verneint (5.2.20, 18 W 132/19, Abruf-Nr. 216274 ). |
Im Streitfall betrug der Streitwert bei Aufruf der Sache 131.400 EUR. Die Klägerin nahm die Klage nach Beginn der mündlichen Verhandlung und nach der Erörterung des Sach- und Streitstands teilweise in Höhe von 58.400 EUR zurück. Sie hatte vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung nur angekündigt, den Rücknahmeantrag in dieser Höhe nicht stellen zu wollen. Die diesbezügliche Prozesshandlung ‒ die Erklärung der Rücknahme der Klage ‒ hat sie erst nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung vorgenommen.
Antragsgemäß hat der Rechtspfleger zugunsten des Beklagten eine 1,2-Terminsgebühr aus einem Streitwert von 131.400 EUR festgesetzt und nicht wie die Klägerin meinte, aus einem Streitwert von 73.000 EUR. Das OLG gab dem Beklagten im Rahmen der sofortigen Beschwerde Recht.
Die Entscheidung ist richtig. Die 1,2-Terminsgebühr ist vorliegend nicht lediglich aus dem niedrigeren Gegenstandswert angefallen, sondern aus dem zunächst vollen eingeklagten rechtshängigen Anspruch. Die Terminsgebühr war bereits aus dem Streitwert von 131.400 EUR entstanden, bevor die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat.
MERKE | Gemäß Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr „… für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen…“. Der gerichtliche Termin beginnt allerdings erst, wenn die Sache aufgerufen wird. Daraus folgt: Der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Streitwert ist als Berechnungsgrundlage der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG heranzuziehen.
Eine nachträgliche Reduzierung des Streitwerts durch teilweise Klagerücknahme hat daher auf die bereits aus dem höheren Streitwert angefallene Terminsgebühr keinen Einfluss mehr (vgl. auch § 15 Abs. 4 RVG). |
Beachten Sie | Das war zu BRAGO-Zeiten noch anders. Maßgeblich für die dort anstelle der jetzigen Terminsgebühr in § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO a. F. geregelte Verhandlungsgebühr war das Stellen von Anträgen innerhalb der begonnenen mündlichen Verhandlung. Folge: Auch wenn die mündliche Verhandlung bereits begonnen hatte, war die Tätigkeit des Rechtsanwalts bis zur Antragstellung mit der damaligen Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten. Dies wiederum hatte zur Folge, dass eine teilweise Klagerücknahme dazu führte, dass der Rechtsanwalt die Verhandlungsgebühr nur nach dem restlichen rechtshängigen Klageteil berechnen konnte.