· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Was ist mit der Umsatzsteuer auf/bei Auslagen?
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Sind bleibende Ausgaben für vorsteuerabzugsberechtigte Prozessbevollmächtigte einer Partei in Form gezahlter Umsatzsteuer wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt und können diese bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt werden (BGH 17.4.12, VI ZB 46/11, Abruf-Nr. 121630). |
Sachverhalt
Der Kläger macht im Rahmen einer von ihm nach Verfahrensabschluss beantragten Kostenfestsetzung Reisekosten seiner vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten unter Vorlage von Belegen einschließlich der entstandenen Umsatzsteuer geltend. Es besteht Streit darum, ob die Auslagen des vorsteuerabzugsberechtigten Klägervertreters mit oder ohne Umsatzsteuer anzusetzen sind. Der BGH hat wie die Vorinstanzen die Umsatzsteuer bei den Auslagen nicht berücksichtigt.
Entscheidungsgründe
Ist ein Anwalt vorsteuerabzugsberechtigt, hat er gegenüber seinem Auftraggeber für Leistungen, die er erbringt, Umsatzsteuer zu verlangen und diese an das Finanzamt abzuführen. Andererseits kann er Umsatzsteuer, die er selbst für die Inanspruchnahme von Leistungen zahlen muss, als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Die Zahlung der Umsatzsteuer auf umsatzsteuerpflichtige Auslagen stellt danach für den vorsteuerabzugsberechtigten Rechtsanwalt keine bleibende Ausgabe dar, weil die Umsatzsteuer wirtschaftlich im Wege des Vorsteuerabzugs wieder zurückfließt. Der Rechtsanwalt darf seinem Auftraggeber Umsatzsteuerbeträge, die er als Vorsteuer geltend machen kann, nicht in Rechnung stellen. Er ist gehalten, in seine Rechnung gegenüber seinem Auftraggeber die Aufwendungen mit dem Nettobetrag aufzunehmen, denn der Anwalt darf sich über seine Gebührenrechnung nicht auf Kosten des Auftraggebers bereichern. Würde er die aufgewendeten Reisekosten als Bruttobeträge abrechnen, würde neben den Nettoreisekosten auch der Umsatzsteuerbetrag als Umsatz des Rechtsanwalts versteuert werden, obwohl es sich dabei jedenfalls nicht um Umsatz handelt. Daraus folgt, dass (auch) der vorsteuerabzugsberechtigte Rechtsanwalt grundsätzlich nicht berechtigt ist, seinem Auftraggeber Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wenn er diese im Wege des Vorsteuerabzugs zurückerhält. Er wäre sonst in Höhe der Umsatzsteuer bereichert.
Praxishinweis
Erstaunt ist man, wenn man diese Entscheidung des BGH sieht und man fragt: Warum muss sich der BGH mit dieser steuerrechtlich und auch erstattungsrechtlich eigentlich eindeutigen Frage befassen? Nun: Das OLG Brandenburg hatte als Rechtsbeschwerdegericht die Frage zwar genauso gesehen wie jetzt der BGH, es hatte die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung allerdings zugelassen im Hinblick auf einen Beschluss des Bundesdisziplinargerichts aus 1987 (MDR 87, 467). Dieses hat unter Berufung auf eine Entscheidung des BFH (3.2.70, VII B 129/69, BFHE 98, 396 Rn. 398 f.) die Auffassung vertreten, dass die mit den Fahrtkosten gezahlte Mehrwertsteuer Bestandteil der tatsächlichen Reiseaufwendungen und damit der dem Rechtsanwalt zustehenden Auslagen sei, die unabhängig von der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs erstattungsfähig seien. Dem hat der BGH im Hinblick auf § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO eine Absage erteilt (s. auch aus der Literatur Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 7008 Rn. 12 ff.; AnwKomm-RVG/N. Schneider RVG, 6. Aufl., VV 7003-7006 Rn. 43 ff.; Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil A: Auslagen aus der Staatskasse [§ 46 Abs. 1 und 2] Rn. 193; Sterzinger NJW 08, 1254, 1255). Das war und ist zutreffend.