· Fachbeitrag · Verkehrsunfallsachen
Einigungsgebühr: Fordern Sie, was Ihnen zusteht
von RiOLG Dr. Julia Bettina Onderka, Köln
| In Verkehrsunfallsachen führt oft die außergerichtliche Tätigkeit zur abschließenden Schadensregulierung. Wirken Sie an der Einigung ursächlich mit, können Sie neben der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) auch eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) verdienen. Die Höhe richtet sich auch danach, ob die betroffenen Ansprüche anderweitig anhängig sind. Der Beitrag klärt die Gebührenvoraussetzungen und den Deckungsschutz durch Rechtsschutzversicherungen. |
1. Voraussetzungen und Besonderheiten
Ihr Entstehen setzt voraus, dass der Anwalt entsprechend beauftragt wurde. In der vom Mandanten erteilten Vollmacht liegt kein konkludenter Auftrag zur Herbeiführung einer Einigung (Erfolgsgebühr), da sich die Vollmacht nur auf das Außenverhältnis bezieht. Eine ausdrückliche Auftragserteilung ist in der Praxis selten. Der Anwalt geht aber ohne sie ein gewisses Risiko ein. Denn ohne Auftrag ist er darauf angewiesen, dass der Mandant die erzielte Lösung genehmigt. Selbstverständlich muss auch eine Einigung vorliegen, aber kein Vergleich nach § 779 BGB. Die Einigung ist wie folgt definiert:
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Eine Einigung nach Nr. 1000 VV RVG liegt vor, wenn die Parteien den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigen. Mit der Ergänzung von Anm. Abs. 1 S. 1 um die weitere Tatbestandsalternative in Nr. 2 hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Einigungsgebühr auf den Abschluss von (Raten-) Zahlungsvereinbarungen erweitert: Die Einigungsgebühr fällt auch bei einer Vereinbarung über die Erfüllung des Anspruchs unter gleichzeitigem Verzicht auf eine Titulierung oder Vollstreckungsmaßnahmen an. |
Schließen die Unfallbeteiligten eine Abfindungsvereinbarung, handelt es sich um eine Einigung, Nr. 1000 VV RVG, weil nicht nur der Streit über bestehende Schadenspositionen beseitigt werden soll, sondern auch die Ungewissheit über zukünftige Ansprüche aus dem Unfallgeschehen. Auch wenn der Haftpflichtversicherer einen Teil des Schadens bereits einseitig abgerechnet hat und nach der Einigung über den Restschaden eine Abfindungserklärung unter Verzicht auf weitere Ansprüche erteilt wird, liegt eine Einigung über die Gesamtforderung vor. Problematisch sind die Fälle, in denen der Versicherer den von ihm als angemessen bezeichneten Betrag berechnet und auszahlt. Sieht der Geschädigte von einer Geltendmachung des Restbetrags ab, liegt eine stillschweigende Einigung nur vor, wenn das Verhalten der Beteiligten entsprechend gewürdigt werden kann. An einer Einigung fehlt es aber z.B., wenn der Gegner Einzelpositionen als gerechtfertigt anerkennt und bezahlt oder wenn er den Schaden nach einer akzeptierten Quote ausgleicht.
2. Rechtsschutzversicherung: ARB beachten
Die Gebühr für eine außergerichtliche Einigung wird im Rahmen eines bestehenden Verkehrsrechtsschutzes grundsätzlich übernommen. Hier ist aber eine Einschränkung durch die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) zu beachten, die in der Praxis nicht unerhebliche Auswirkungen hat: Nach Abschn. 3.3.2 ARB 2012 (§ 5 Abs. 3b ARB 2010) trägt der Versicherer die Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Einigung entstanden sind, nur insoweit, als sie dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmers angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen.
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Eigentümer E macht nach einem Verkehrsunfall einen Sachschaden in Höhe von 5.000 EUR und ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR geltend. Der gegnerische Haftpflichtversicherer V wendet ein Mitverschulden des E von 50 Prozent ein. Schließlich einigt man sich (ohne Besprechungstermin) darauf, dass E einen Betrag von 4.900 EUR erhält und die Hälfte der Kosten übernimmt. Der Anwalt A des E kann wie folgt aus einem Gegenstandswert von 7.000 EUR abrechnen:
Diese Anwaltskosten kann E in Höhe von 686,63 EUR (50 Prozent) vom Gegner verlangen. Von seinem Rechtsschutzversicherer erhält E aber nicht die zweite Hälfte der Kosten, sondern nur 411,98 EUR erstattet. Denn das erzielte Ergebnis (4.900 EUR) steht zum angestrebten Ergebnis (7.000 EUR) im Verhältnis 70 zu 30 Prozent, sodass auch die Kosten entsprechend hätten aufgeteilt werden müssen. |
Weiterführende Hinweise
- Onderka, RVG prof. 14, 122 und 141: Vorangegangene Teile der Serie zur Abrechnung in Verkehrsunfallsachen