· Fachbeitrag · Verkehrsunfallsachen
So erzielen Sie höhere Gebühren
von RiOLG Dr. Julia Bettina Onderka, Köln
| Gerade in Verkehrsunfallsachen fällt häufig mangels Klageauftrags und wegen rein außergerichtlicher Regulierung keine Terminsgebühr an. Eine höhere Geschäftsgebühr als die Mittelgebühr muss besonders begründet werden. Der Beitrag zeigt auf, wie Sie höhere Gebühren erzielen. |
1. Getrennte Auftragserteilung ist oft günstiger
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Auf ein anwaltliches Aufforderungsschreiben meldet sich die gegnerische Haftpflichtversicherung H bei Anwalt A (Sachschaden 10.000 EUR). Sie besprechen sich in einem langen Telefonat. So werden sämtliche Einwendungen des H ausgeräumt. H zahlt die volle Schadenssumme ohne Klageverfahren. Wenn A zur außergerichtlichen Geltendmachung und für den Fall, dass dies erfolglos bleibt, aufschiebend bedingt zur Klage beauftragt war, kann er wie folgt abrechnen:
War A direkt mit der gerichtlichen Geltendmachung beauftragt, stehen ihm zu:
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Wichtig |Kommt es bei der außergerichtlichen Regulierung zu einer Besprechung im Sinne von Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG, kann A - wenn er schon einen Prozessauftrag hat - eine Terminsgebühr abrechnen. Hat er dagegen (zunächst) nur einen Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit, kann keine Terminsgebühr entstehen, weil diese einen Klageauftrag voraussetzt. Durch die Besprechung kann eine etwas höhere Geschäftsgebühr anfallen. In der Summe liegen die Gebühren beim sofortigen Prozessauftrag jedoch höher. Zudem ist der Begründungsaufwand für die Erstattung einer über dem Schwellenwert (1,3) oder der Mittelgebühr (1,5) liegenden Geschäftsgebühr hoch. Die Höhe der 1,2-Terminsgebühr ergibt sich schon aus dem Gesetz.
PRAXISHINWEIS | Ist zunächst ein Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit erteilt, sollte dies auch gegenüber dem Gegner so kommuniziert werden. Drohungen im ersten Aufforderungsschreiben, es sei bereits Klageauftrag erteilt worden, können Schwierigkeiten verursachen, sich bei der späteren Abrechnung auf einen Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit zu berufen. |
Gelegentlich beruft sich der gegnerische Versicherer darauf, er müsse nur die (geringeren) Kosten tragen, die bei sofortigem unbedingten Klageauftrag entstanden wären. Der Mandant ist aber nicht verpflichtet, dem Anwalt sofort ein Prozessmandat zu erteilen, um die Kosten für den Gegner gering zu halten, jedenfalls nicht, wenn der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet (OLG Celle JurBüro 08, 319).
2. Terminsgebühr bei außergerichtlicher Besprechung
Besteht ein Klageauftrag, kann der Anwalt für eine außergerichtliche Besprechung eine 1,2-Terminsgebühr (Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG) abrechnen, wenn die Besprechung die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
Checkliste / Voraussetzungen der Besprechung |
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3. Bestimmung der konkreten Geschäftsgebühr
Mit Inkrafttreten des RVG sind die „Regulierungsempfehlungen“ (sogenannte DAV-Abkommen) ausgelaufen (RVG prof. 01, 35). In der Folgezeit entwickelte sich eine kontroverse Diskussion zwischen Versicherern und Anwaltschaft, wie ein übliches Verkehrsunfallmandat abzurechnen ist. Inzwischen hat sich die Situation insofern entschärft, als einige Versicherer Abrechnungsgrundsätze anbieten, die von bestimmten Gebührensätzen für die außergerichtliche Regulierung von Verkehrsunfällen ausgehen. Außerhalb dieses Anwendungsbereichs besteht der Begründungsaufwand für den Anwalt fort.
a) Darlegung der Umstände des Einzelfalls ist wichtig
Für den Anwalt ist es im Rahmen der Abrechnung entscheidend, die einzelnen Umstände der Mandatsbearbeitung möglichst umfassend und konkret darzulegen. Auch wenn eine Vielzahl von Urteilen dies suggeriert: Den durchschnittlichen Verkehrsunfall gibt es nicht und damit auch keine typische 1,3-Geschäftsgebühr für dessen außergerichtliche Regulierung. Da § 14 RVG auf Einzelkriterien abstellt, können Sie sich bei der Gebührenabrechnung nicht auf die Aussage beschränken, sie hätten einen Unfallschaden reguliert.
b) Diese Umstände rechtfertigen eine Gebührenerhöhung
Ein in jeder Hinsicht unterdurchschnittlicher Verkehrsunfall weist folgende Merkmale auf: Unfallverlauf unstreitig, Schäden eindeutig feststellbar, keine Rückfragen an Gutachter, einfaches Anspruchsschreiben an Versicherer, letzterer erkennt Haftung vollständig an, Regulierung erfolgt unproblematisch innerhalb ein bis zwei Wochen und keine weiteren Probleme des Mandanten (z.B. Differenzbesteuerung, Mietwagen). Ein solcher Unfall dürfte höchstens mit einer 0,8- bis 0,9-Geschäftsgebühr abzurechnen sein. Diese weiteren Umstände können aber eine Gebühr von bis zu 1,3 begründen:
- Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten,
- mehrere Besprechungen oder schwierige Besprechung mangels Sprachkenntnissen des Mandanten,
- schwere Körperverletzungen des Mandanten und Prüfung von Verdienstausfallansprüchen,
- zusätzlicher Aufwand durch Einziehung von Fremdgeldern oder Finanzierungsvereinbarungen mit dem Gutachter,
- Rücksprache mit Zeugen oder Nachfragen beim Sachverständigen,
- Termin mit Sachverständigem, um Alt- und Unfallschäden abzugrenzen,
- Eingehen auf Einwendungen des Versicherers zu Schadenspositionen,
- vertiefte Befassung mit dem Schadensersatzrecht,
- Ermittlung des Nutzungsausfallschadens mangels Listenwerts,
- Prüfung der Erstattungsbeträge (Gutachterkosten oder Totalschaden) und
- ausführliche Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Sachbearbeiter des Versicherers.
Liegen mehrere Umstände vor, ist eine Geschäftsgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 1,5 oder höher als nicht unbillig anzusehen. Die Umstände sind schon in der Korrespondenz mit dem Versicherer darzulegen, um diesen zur Erstattung der vollen Gebühr zu bewegen.