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  • · Fachbeitrag · Zivilprozessordnung

    Prozesskostensicherheit von Nicht-EU-Klägern: Diese Gebühren kann der Anwalt dabei verdienen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Hat ein Kläger seinen Sitz nicht in einem Mitgliedstaat der EU oder aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags im Europäischen Wirtschaftsraum, muss er auf Verlangen des Beklagten grundsätzlich eine Sicherheitsleistung erbringen (§ 110 Abs. 1 ZPO). Der folgende Beitrag klärt auf, welche Gebühren für ein solches Verfahren und das Rückgabeverfahren entstehen, wenn der Grund für die Sicherheitsleistung nachträglich entfällt. |

    1. Sicherungsanordnung löst keine neuen Gebühren aus

    § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG regelt, dass die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung zum Rechtszug gehört. Gemeint sind damit Zwischenrechtsstreite in Verfahren über eine Ausländersicherheit nach §§ 110 bis 113 ZPO.

     

    • Ausgangsfall

    Ausgehend von einem Streitwert der Klage von 4 Mio. EUR ordnet das Gericht auf Antrag des Beklagten eine Sicherheitsleistung i. H. v. 200.000 EUR an. Der Kläger erbringt zunächst die geforderte Sicherheitsleistung fristgerecht, indem er den Betrag bei der Hinterlegungsstelle einzahlt. Kurze Zeit später weist er seine Aufenthaltsneubegründung in Deutschland als EU-Staat nach und beantragt die Rückgabe der Sicherheitsleistung.

     

    Lösung

    Hier wird die Tätigkeit der jeweiligen Anwälte über die angeordnete Sicherheitsleistung von der Vergütung des Erkenntnisverfahrens erfasst. Erbringt der Kläger als Sicherheitsverpflichteter die angeordnete Prozesskostensicherheit, erhält sein Anwalt für die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung keine gesonderten Gebühren. Dasselbe gilt für das Verfahren auf Rückgabe der Sicherheit nach § 109 ZPO, weil der Sicherungszweck entfallen ist (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG).

     

    Beachten Sie | Die Veranlassung für eine Sicherheitsleistung entfällt z. B. bei einem Ausländer, wenn dieser als Kläger seinen Aufenthalt in einem EU-Staat hat bzw. nachträglich begründet (BGH NJW-RR 06, 710; Anders/Gehle/Bünnigmann, 82. Aufl., ZPO § 109 Rn. 9). Im Fall hier ist dies gegeben, sodass der Klägervertreter die Sicherheitsleistung zurückverlangen kann.

     

    2. Für Beschaffen der Sicherheit gibt es eine Verfahrensgebühr

    In der Praxis erfolgt die Sicherheitsleistung durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, die nach § 234 Abs. 1 und 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind (§ 108 Abs. 1 ZPO). Hierbei wird der zu hinterlegende Geldbetrag bzw. die Wertpapiere zunächst beim AG als Hinterlegungsstelle eingezahlt bzw. hinterlegt. Bei Erbringung einer Prozessbürgschaft muss hingegen mit dem Kreditinstitut ein Bürgschaftsvertrag geschlossen werden. Beide Tätigkeiten durch den Anwalt lösen jeweils eine gesonderte Vergütung gemäß Nr. 3100 VV RVG aus.

     

    Anschließend muss die Sicherheit dadurch nachgewiesen werden, dass dem Beklagten gegenüber entweder der Nachweis der Hinterlegung erbracht oder ihm das Original der Bürgschaftsurkunde zugestellt wird. Hierfür entsteht keine gesonderte Vergütung.

     

    • Abwandlung 1: Geldhinterlegung

    Im Ausgangsfall überweist der Kläger seinem Rechtsanwalt R den Betrag von 200.000. Dieser stellt daraufhin für den Mandanten einen Antrag auf Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle des AG. Dieses nimmt die Hinterlegung an. R überweist den Betrag auf das Konto der Hinterlegungsstelle. Sodann erhält er den Hinterlegungsschein übersandt und stellt diesen dem Beklagten zu.

     

    Lösung

    Die Zustellung des Hinterlegungsscheins löst keine gesonderte Vergütung aus. Die Tätigkeit ist mit den Gebühren des Erkenntnisverfahrens abgegolten. Die Geldhinterlegung dagegen lässt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entstehen. Hinzu kommt zusätzlich noch eine Hebegebühr gemäß Nr. 1009 VV RVG. R kann also die folgenden Gebühren abrechnen:

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 200.000 EUR

    2.884,70 EUR

    1 Prozent Hebegebühr bis 2.500 EUR

    25,00 EUR

    0,5 Prozent Hebegebühr aus 7.499,99 EUR

    37,49 EUR

    (ab 2.500,01 EUR bis 10.000 EUR)

    0,25 Prozent Hebegebühr aus 189.999,99 EUR

    474,99 EUR

    (ab 10.000,01 EUR bis 200.000 EUR)

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    654,01 EUR

    4.096,19 EUR

     
    • Abwandlung 2: Bürgschaft

    Abweichend von Abwandlung 1 beauftragt der Kläger seinen Rechtsanwalt R damit, bei seiner Bank eine Prozessbürgschaft über 200.000 EUR zu besorgen. R wendet sich daraufhin an die Bank, reicht die erforderlichen Unterlagen ein und erhält die Prozessbürgschaft. Diese stellt er anschließend dem Beklagten zu.

     

    Lösung

    Für die Zustellung der Bürgschaft kann R keine gesonderte Vergütung verlangen. Die Beschaffung der Bürgschaft, also das Führen der Vertragsverhandlungen mit der Bank, ist allerdings eine gesonderte außergerichtliche Tätigkeit, die eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG i. H. v. 0,5 bis 2,5 auslöst. R kann somit wie folgt abrechnen:

    1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG aus 200.000 EUR

    3.328,50 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    636,11 EUR

    3.984,71 EUR

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2024 | Seite 100 | ID 49991905