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  • · Fachbeitrag · Kostenfestsetzung

    Ausländische Umsatzsteuer wird nicht erstattet

    von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin

    | Zahlt der Nicht-EU-Mandant zwar keine deutsche Umsatzsteuer auf die RVG-Gebühren und -Auslagen seines deutschen Anwalts, aber darauf Umsatzsteuer in seinem Heimatland, kann er nach dem OLG Brandenburg die ausländische Umsatzsteuer nicht im Kostenfestsetzungsverfahren vom unterlegenen Gegner erstattet verlangen. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Anwalt hatte eine Unternehmerin aus Liechtenstein in einem Verfahren zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen vertreten. Er meldete im Kostenfestsetzungsverfahren für seine Mandantin anstelle der ‒ insoweit unstreitig ‒ nicht entstandenen deutschen Umsatzsteuer die von ihr auf seine Vergütung gezahlte Umsatzsteuer zur Erstattung an ‒ allerdings ohne Erfolg (OLG Brandenburg 3.1.24, 6 W 123/23, Abruf-Nr. 240709).

     

    Zwar sei in Nr. 7008 VV RVG nur von „Umsatzsteuer“ und nicht von „deutscher Umsatzsteuer“ die Rede. Es könne auch nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass in deutschen Gesetzen nur auf deutsche Gesetze verwiesen werde. So könnte zur Vermeidung der Diskriminierung von EU-Angehörigen/ -Gesellschaften möglicherweise die in anderen EU-Mitgliedstaaten von einer Partei geschuldete Umsatzsteuer vom unterlegenen Gegner zu erstatten sein (OLG München MDR 04, 841; FG Köln 1.12.14, 10 Ko 1901/14; a. A.: Toussaint/Schmidt, KostR, 53. Aufl., Nr. 7008 VV RVG Rn. 12 m. w. N.). Hier handele es sich aber um ein Unternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland. Diese Partei unterfalle nicht der europakonformen Auslegung der Nr. 7008 VV RVG.

     

    Relevanz für die Praxis

    Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen die nationalen Gerichte bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) auslegen. Sie können also im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherstellen, wenn sie über die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden (vgl. EuGH NJW 12, 509). Dabei dürfen sie die Grenzen der nationalen Auslegungsmethoden nicht überschreiten und z. B. nicht contra legem auslegen.

     

    Beachten Sie | Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die deutsche und die in anderen EU-Mitgliedstaaten geschuldete Umsatzsteuer erstattungsfähig (OLG München, a. a. O.; VG Stuttgart GewArch 16, 308). Anderenfalls käme es zu einer offensichtlichen Diskriminierung: Ein in Deutschland ansässiges Unternehmen könnte die ihm von seinem Anwalt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von der unterlegenen (kostentragungspflichtigen) Partei erstattet erhalten (sofern sie bei ihm nicht als Vorsteuer abzugsfähig ist). Wäre dies bei einem EU-Unternehmen nicht möglich, würde es offensichtlich schlechtergestellt, da bei ihm die Umsatzsteuer zu einer Definitivbelastung würde.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2024 | Seite 116 | ID 49980824