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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Übungen zur Erstreckung im Strafverfahren

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Hier die Auflösungen zu den Fragen aus RVG prof. 1/12 (die Antwort zu Fall 4 diesmal nur im Online-service „myIWW“ von RVG prof.). Lagen Sie richtig?

    • Der praktische Fall 1

    Rechtsanwalt R ist zunächst Wahlverteidiger und verteidigt den Beschuldigten B von Beginn des Verfahrens an. Er wird im gerichtlichen Verfahren während bereits laufender Hauptverhandlung am vierten Hauptverhandlungstag, die bei der Strafkammer stattfindet, als Pflichtverteidiger bestellt. Welche gesetzlichen Gebühren kann R abrechnen?

    Lösung: Maßgeblich ist § 48 Abs. 5 S. 1 RVG. Danach erhält der Rechtsanwalt, wenn er im Laufe des ersten Rechtszugs bestellt wird, seine Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt der Bestellung oder Beiordnung. Das bedeutet: Da R von Anfang an für den B tätig war, ist die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren entstanden. Weiter entstanden sind die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG und vier Terminsgebühren Nr. 4114 VV RVG. Diese kann er über § 48 Abs. 5 S. 1 RVG alle geltend machen (KG StV 97, 424 für die Bestellung am zweiten Hauptverhandlungstag).

    • Der praktische Fall 2

    R hat im Fall 1 im Ermittlungsverfahren 400 Kopien angefertigt. Kann er die dafür entstandenen Kosten aus der Staatskasse ersetzt verlangen?

    Lösung: Ja, das ist möglich. § 48 Abs. 5 RVG spricht ausdrücklich von der „Vergütung“ des Rechtsanwalts. Darunter ist aber nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 S. 1 RVG „Gebühren und Auslagen“ zu verstehen.

    • Der praktische Fall 3

    R verteidigt den B bereits in der ersten Instanz beim AG. B wird verurteilt. Es wird Berufung eingelegt. Das LG ordnet R im zweiten Berufungshauptverhandlungstermin als Pflichtverteidiger bei. Welche gesetzliche Gebühren sind entstanden?

    Lösung: Für die Lösung ist § 48 Abs. 5 S. 2 RVG von Bedeutung, der den Anwendungsbereich des § 48 Abs. 5 RVG auf spätere Rechtszüge - Berufung und Revision - ausdehnt. Allerdings erhält der Rechtsanwalt im Fall der Beiordnung in einem späteren Rechtszug nur die Vergütung aus diesem Rechtszug und nicht etwa auch die aus früheren (Burhoff/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., § 48 Abs. 5 Rn. 11). Einbezogen wird aber die in diesem Rechtszug vor dem Zeitpunkt der Bestellung erbrachte Tätigkeit des Rechtsanwalts. Das bedeutet: R erhält als gesetzliche Gebühren für seine Tätigkeit nur die im Berufungsverfahren entstandenen, also die Nr. 4124 VV RVG und zweimal die Nr. 4126 VV RVG für die Teilnahme an den beiden Hauptverhandlungsterminen. Für die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren und im ersten Rechtszug erhält er keine Pflichtverteidigervergütung. R erhält als gesetzliche Vergütung auch nicht die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Die für deren Erstehen erbrachten Tätigkeiten hat er bereits im Ermittlungsverfahren erbracht und nicht erst/mehr in der Berufungsinstanz.

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2012 | Seite 36 | ID 31373230