· Fachbeitrag · Gegenstandswert
Das sind mietrechtliche Abmahnungen wert
von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
| Abmahnungen wegen vertragswidrigen Verhaltens kommen in Mietsachen häufig vor. In diesem Zusamenhang droht der Vermieter häufig mit der Kündigung des Mietverhältnisses. Für den Anwalt des Vermieters stellt sich die Frage, ob und wie er diese außergerichtliche Tätigkeiten abrechnen kann. |
1. Kündigungsandrohung
Faktisch handelt es sich bei der Kündigungsandrohung um eine einfache Mahnung zur Erfüllung der mietvertraglichen Pflichten. Auch wenn häufig von „Abmahnung“ die Rede ist, wird nichts anders als der Erfüllungsanspruch geltend gemacht, dessen Wert (z.B. Höhe der Mietrückstände) maßgeblich ist. Insoweit ist auf § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG abzustellen. Da der Gegenstand der Abmahnung auch Gegenstand eines Rechtsstreits sein könnte, nämlich der jeweiligen Klage auf Leistung oder Unterlassung, gilt folglich der Wert, der im gerichtlichen Verfahren gelten würde.
Wird daneben für den Fall der Weigerung angedroht, das Mietverhältnis zu kündigen, hat dies keinen zusätzlichen Wert. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist und bleibt die Abmahnung, also das Einfordern der Erfüllung der vertraglichen Pflichten. Dass eine Kündigung angedroht oder in Aussicht gestellt wird, ist lediglich Beiwerk, durch das dem Vertragspartner vor Augen gehalten wird, welche Folgen weitere Vertragsverletzungen für ihn haben können. Die Kündigung ist aber nicht Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit und hat daher beim Wert außer Ansatz zu bleiben (AG Köln WuM 99, 237; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 3853).
Dass eine Abmahnung möglicherweise - gegebenenfalls zusammen mit anderen Abmahnungen - eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung vorbereitet, ist insoweit unerheblich. Dies ist eine spätere Folgewirkung, aber nicht Gegenstand des jeweiligen Auftrags, der der Abmahnung zugrunde liegt.
2. Einzelfälle
Je nach dem, was die Abmahnungen zum Gegenstand haben, können für die anwaltliche Tätigkeit unterschiedliche Werte angesetzt werden
a) Zahlungsverhalten
Wird das Zahlungsverhalten des Mieters gerügt und geht es dabei um die Leistung fälliger Beträge, ist deren Wert maßgebend.
Werden (auch) zukünftige Mieten eingefordert, weil sich aus dem bisherigen Zahlungsverhalten die Besorgnis ergibt, dass auch künftig nicht gezahlt werde, gilt hierfür der Wert der zukünftigen Mieten, höchstens der 3½-fache Jahreswert (§ 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V. mit § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 9 ZPO).
Geht es nur darum, den Mieter zu pünktlichen Zahlungen anzuhalten, zahlt er also regelmäßig, aber verspätet, ist auf das Zinsinteresse der nächsten 3½ Jahre abzustellen. Das AG Kerpen (WuM 91, 439 m. Anm. N. Schneider) geht hier von einem Fünftel des Zahlungsanspruchs aus.
b) Mietsicherheit
Wird die Stellung bzw. vollständige Stellung der Mietkaution angemahnt, ist der geltend gemachte Betrag anzusetzen.
c) Untervermietung
Mit der Forderung auf Unterlassung einer Untervermietung macht der Vermieter gleichzeitig den Anspruch auf Herausgabe der Wohnung durch den Untermieter an den Hauptmieter geltend. Maßgebend ist also nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V. mit § 41 Abs. 2 GKG der Mietwert der untervermieteten Räume für die streitige Zeit, höchstens jedoch für die Dauer eines Jahres (LG Hamburg MDR 59, 764; Schneider/Herget/Kurpat, a.a.O., Rn. 4010). Abzustellen ist auf die ortsübliche Untermiete, nicht auf das zwischen Hauptmieter und Untermieter vereinbarte Entgelt. Der ortsübliche Wert ist daher auch maßgebend, wenn die Räume unentgeltlich an einen Dritten überlassen werden.
d) Unterlassen vertragswidrigen Gebrauchs
Unterlassungsansprüche des Vermieters gegen den Mieter wegen vertragswidrigen Gebrauchs fallen nicht unter § 41 GKG, sondern sind gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO zu bewerten. Maßstab für das Abwehrinteresse des Vermieters ist die Wertminderung, die das fortgesetzte vertragswidrige Verhalten für das Mietobjekt haben wird (Schneider/Herget/Kurpat, a.a.O., Rn. 4008). Dieses wirtschaftliche Interesse kann sich auch aus einer möglichen Mietminderung durch andere Mieter ergeben z.B. bei:
- Prostitution: Jahresmietwert (AG Bremen WE 95, 37)
- Hundehaltung: 300 EUR, LG Berlin NZM 01, 41; 1000 EUR, LG Braunschweig WuM 96, 291); 410 EUR, LG München NZM 02, 820
- Katzenhaltung: 400 EUR, LG Berlin NZM 01, 41; 500 EUR, LG Hamburg WuM 93, 477; 750 EUR, LG Hamburg ZMR 92, 506
- Schlangenhaltung: Jahresbetrag des ortsüblichen Zuschlags zur Miete für Schlangenhaltung (AG Rüsselsheim WuM 87, 144)
- Lärmstörung: 500 EUR (AG Köln WuM 99, 237)
e) Räum- und Streudienst
Wird der Mieter abgemahnt, weil er seinen Pflichten zur Räumung und Streuung im Winter nicht nachkommt, ist auf die Kosten eines gewerblichen Räum- und Streudiensts abzustellen sein (BGH AGS 09, 49).
f) Mängelbeseitigung
Wird der Vermieter abgemahnt, weil er Mängel nicht beseitigt, gilt § 41 Abs. 5 GKG. Danach ist die Höhe der möglichen angemessenen Mietminderung nach § 536 BGB maßgebend. Hochzurechnen ist die Mietminderung auf die restliche Laufzeit des Mietverhältnisses (§ 41 Abs. 5 S. 2 GKG), höchstens jedoch gem. § 41 Abs. 5 S. 1 GKG auf die Dauer eines Jahres, also auf 12 Minderungsbeträge (OLG Köln AGS 08, 92).