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Reisekosten, wenn Wohnsitz und Kanzleiort auseinanderfallen?
| FRAGE: Ich habe immer wieder Probleme mit der Anerkennung von Reisekosten, weil ich meinen Wohnsitz an einem anderen Ort als die Kanzlei habe. Was ist für Abrechnung und Kostenerstattung korrekt? |
Antwort: Das Problem ergibt sich daraus, dass sowohl Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG als auch § 91 ZPO nicht nur auf den Kanzleisitz, sondern auch auf den Wohnort abstellen. Diese Regelung ist heute an sich völlig überholt und bereitet daher Auslegungsprobleme. Dazu RA Norbert Schneider aus Neunkirchen:
1. Wohnsitz am Gerichtsort ‒ Kanzlei außerhalb des Gerichtsorts
Hat der Anwalt seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsorts, wohnt er aber am Gerichtsort, ist nach der Rechtsprechung darauf abzustellen, von wo der Rechtsanwalt zum Gerichtstermin anreist:
- Reist er direkt vom Wohnort zum Gerichtstermin, liegt keine Geschäftsreise nach § 7 Abs. 2 VV RVG vor, da der Wohnsitz im Gerichtsort liegt. Er kann keine Reisekosten abrechnen. Eine Kostenerstattung scheidet aus.
- Reist er vom Kanzleiort, entstehen Reisekosten ‒ es liegt eine Geschäftsreise i. S. d. Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG vor. Es bleibt dem am Gerichtsort wohnenden Anwalt unbenommen, vor einem Gerichtstermin in seine auswärtige Kanzlei zu fahren, wenn er der Auffassung ist, dass er die Zeit vor dem Termin dort noch nutzbringend verwenden kann (OLG Düsseldorf RVG prof. 12, 164). Die Erstattung richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen.
2. Kanzlei am Gerichtsort ‒ Wohnort außerhalb des Gerichtsorts
Hat der Anwalt seine Kanzlei am Gerichtsort und wohnt er außerhalb, ist wie folgt zu differenzieren:
- Reist er vom Kanzleiort an, liegt keine Geschäftsreise vor. Es können keine Reisekosten abgerechnet werden.
- Reist der Anwalt vom Wohnort an, liegt zwar das Ziel der Reise außerhalb der politischen Gemeinde, in der der Anwalt wohnt, sodass aber Folgendes zu berücksichtigen ist: Wenn der Mandant einen Anwalt am Gerichtsort beauftragt, darf er davon ausgehen, dass dieser Anwalt keine Geschäftsreise ausführt, wenn er an gerichtlichen Terminen teilnimmt. Gerade damit für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen keine Reisekosten anfallen, wird in der Regel ein ortsansässiger Anwalt beauftragt. Es ergibt sich in diesen Fällen faktisch aus dem Anwaltsvertrag, dass für Gerichtstermine keine Reisekosten zu erheben sind.
- Dieser Fall ist vergleichbar mit dem in Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG geregelten Fall der nachträglichen Kanzleiverlegung. Wenn der Anwalt (nachträglich) von einem anderen Ort als seiner Kanzlei anreist, in der er beauftragt worden ist, kann er die dadurch entstehenden Mehrkosten nicht geltend machen. Die Frage der Erstattungsfähigkeit stellt sich in diesen Fällen gar nicht.