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  • · Fachbeitrag · Prozesskostenhilfe

    Beigeordneter Rechtsanwalt schließt Mehrvergleich: 1,5-fache Einigungsgebühr

    | Gegenstand von Beschwerdeverfahren im Arbeitsrecht ist immer wieder die Frage, was der beigeordnete Anwalt verlangen kann, wenn ein Mehrvergleich geschlossen wird. Kann er hierfür eine 1,0-fache oder eine 1,5-fache Einigungsgebühr verlangen? Das LAG Sachsen-Anhalt (9.1.19, 5 Ta 65/18, Abruf-Nr. 207134 ) hat sich jetzt ‒ anwaltsfreundlich ‒ für eine 1,5-fache Einigungsgebühr ausgesprochen. |

     

    Das LAG Sachsen-Anhalt folgt damit der Meinung der überwiegenden LAG (LAG Baden-Württemberg AGS 16, 323; LAG Berlin-Brandenburg AGS 18, 292; LAG Hamm FA 18, 386).

     

    Es begründet seine Ansicht wie folgt: Die Rechtsverfolgung darf für PKH-Parteien, verglichen mit Selbstzahlenden, nicht unverhältnismäßig erschwert sein. Das wäre aber der Fall, wollte man dem PKH-Anwalt die Gebühren bei einem Mehrvergleich nur teilweise erstatten. Die PKH-Partei wäre dann gezwungen, betreffend die nicht anhängigen Gegenstände ein weiteres Verfahren zu führen, bzw. müsste sich einer ‒ an sich sinnvollen ‒ Gesamtbereinigung aller Ansprüche verweigern.

     

    Zwar ist bei PKH zuvor die Erfolgsaussicht zu prüfen, was bei (noch) nicht rechtshängigen Gegenständen nicht so möglich ist, wie bei direkt mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen. Werden nicht rechtshängige Ansprüche einbezogen, geht es aber eben nicht darum, ob ein insoweit geführtes eigenständiges Verfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg hätte. Vielmehr kommt es darauf an, ob der bereits anhängige Rechtsstreit durch den Vergleich beendet werden kann. Wird PKH für den Mehrwert beantragt, besteht die erforderliche Erfolgsaussicht daher bereits, wenn ein Vergleich zu erwarten ist.

     

    MERKE | Der BGH hat in einer familienrechtlichen Angelegenheit anwaltsfreundlich für solche Fälle eines Mehrvergleichs entschieden (RVG prof. Sonderausgabe „Kosten und Gebühren im Arbeits- und Familienrecht“, 18, 13): Bei Abschluss eines Vergleichs unter Einbeziehung nicht anhängiger Verfahrensgegenstände hat der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten VKH unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf alle in diesem Zusammenhang ausgelösten Gebühren. Diese Grundsätze sind daher auch bei PKH anzuwenden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Mehrvergleich: Mehrere Rechtsstreite bzw. gerichtliche Verfahren abrechnen, RVGprof 18, 61
    • Gegenstandswert eines gerichtlichen Ratenzahlungsvergleichs über die Klageforderung, RVGprof 19, 48
    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 56 | ID 45737851