· Fachbeitrag · Strafverfahren
Teilnahme am Termin bei der JGH richtig abrechnen
| Im Strafverfahren nimmt der Verteidiger häufig nicht nur an der Hauptverhandlung, sondern auch an anderen Terminen, z. B. an solchen vor der Jugendgerichtshilfe (JGH) teil. Hierzu erreichte die Redaktion folgende Leseranfrage von allgemeinem Interesse. |
Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger eines Jugendlichen. In dem Verfahren begleitete der Anwalt ihn zu einem Termin bei der JGH. Der Rechtsanwalt fragt, ob er für seine Teilnahme gegenüber der Staatskasse mit einer Gebühr Nr. 4102 VV RVG abrechnen kann. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der JGH um eine Hilfsbehörde der Strafverfolgungsbehörden handelt und der Termin nichts anderes sei als ein Vernehmungstermin.
Antwort: Nein. Eine Vernehmungsterminsgebühr entsteht nur in den in der Nr. 4102 VV RVG enumerativ aufgezählten Fällen. Die JGH ist keine Strafverfolgungsbehörde, sondern erfüllt nach § 52 SGB VIII als Dienst des Jugendamts eine sog. „andere“ Aufgabe des Jugendamts.
MERKE | Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Termine scheidet aus (KG RVGreport 06, 151; AGS 12, 388, OLG Köln AGS 15, 329; OLG Saarbrücken RVG prof. 12, 43; LG Essen AGS 12, 390; LG Düsseldorf AGS 11, 430 u. v. m.). Teilweise wird das in der Rechtsprechung auch anders gesehen: So ist z. B. für die Teilnahme des Verteidigers an der Exploration seines Mandanten durch einen psychiatrischen Sachverständigen eine Gebühr nach Nr. 4102 VV RVG gewährt worden (LG Freiburg StRR 14, 518; LG Hamburg AGS 17, 182; LG Offenburg AGS 06, 436). Das AG Freiburg (AGS 11, 69) hat für die Teilnahme des Anwalts an einem Erörterungstermin nach § 202a S. 1 StPO eine Gebühr entsprechend Nr. 4102 Nr. 1 und 3 VV RVG festgesetzt. Das LG Braunschweig hat den Zeitaufwand des Verteidigers für die Teilnahme an einem Crashtest mit einer Gebühr Nr. 4102 VV RVG honoriert (JurBüro 11, 525). |
M. E. ist eine analoge Anwendung der Vorschrift abzulehnen (Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. Nr. 4102 VV Rn. 44 ff.; AnwKomm-RVG/N. Schneider, RVG, 8. Aufl., VV 4102 Rn. 7 für die Durchsuchung; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 24. Aufl., VV 4102, 4103 Rn. 5). Denn die Nr. 4102 VV RVG enthält schon eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz, dass Termine außerhalb der Hauptverhandlung nicht zusätzlich vergütet werden, sondern durch die jeweilige Verfahrensgebühr abgegolten sind bzw. dort innerhalb der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG geltend gemacht werden müssen. Zudem zeigt die enumerative Aufzählung bestimmter Termine, dass der Gesetzgeber die Teilnahme an anderen Terminen nicht auch zusätzlich vergüten wollte.
Folge: Der Verteidiger muss, wenn er an einem Termin außerhalb der Hauptverhandlung teilnimmt, der nicht von Nr. 4102 VV RVG erfasst wird, die Teilnahme im Rahmen der jeweiligen (gerichtlichen) Verfahrensgebühr gebührenerhöhend geltend machen. Ggf. muss er eine Pauschgebühr beantragen (§ 42 RVG). Letzteres gilt auch für den Pflichtverteidiger (§ 51 RVG). Es bietet sich ggf. auch noch der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) an.