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  • · Fachbeitrag · Zwangsverwaltung

    Gebühren-Tipp des Monats

    | Heute berichten wir über einen Fall unser Leserin Nadja Weiler, Rechtsanwaltsfachangestellte, Ingelheim am Rhein. Die anwaltsfreundliche Fälligkeitsregelung des § 8 Abs. 1 S. 2 letzter Hs. RVG konnte sie hier gegen den gegnerischen Anwalt ausnutzen. |

     

    • Prüfen Sie stets, ob gegnerische Anwaltsgebühren schon verjährt sind

    Ein Insolvenzverwalter beauftragte uns, ein Verfahren, das seit dem 27.7.05 ruhte, wieder aufzunehmen. Das Verfahren erledigte sich später durch Vergleich. Die Kosten wurden gequotelt. Im Kostenfestsetzungsverfahren machte die Klägerin K Kosten nach BRAGO (außer Kraft) geltend nebst Reise- und Gerichtskosten. Unserer Ansicht handelte es sich um eine neu entfaltete Tätigkeit der Gegenseite, die als neue Angelegenheit abgerechnet werden muss.

     

    K argumentierte, der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entstehe bereits, wenn das Prozessrechtsverhältnis begründet wird, d.h. mit Rechtshängigkeit. Er entstehe unter der aufschiebenden Bedingung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines Prozessvergleichs, wonach der Gegner die Kosten zu tragen habe und verjähre nach § 195 BGB in drei Jahren. Die Verjährung sei hier aber gehemmt, weil Klage erhoben wurde. Wir entgegneten, die Fälligkeit der Anwaltsvergütung richte sich nach § 8 Abs. 1, letzter Hs. RVG. Die Vergütung des Anwalts, der in einem gerichtlichen Verfahren tätig wird, wird auch fällig, wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Hier konnte nicht davon ausgegangen werden, dass das Verfahren noch nach BRAGO abgerechnet werden kann.

     

    Praxishinweis: Der zugunsten des Rechtsanwalts großzügig ausgelegte § 8 Abs. 1 S. 2, letzter Hs. soll bezwecken, dass der Anwalt seine Vergütung verlangen kann, wenn das Gerichtsverfahren mehr als drei Monate andauernd faktisch stillsteht. Das Gericht muss erkennen lassen, dass es das Verfahren nicht weiter betreiben will (N. Schneider in: Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl.,§ 8 Rn. 93). Es muss nicht förmlich (§ 251 ZPO) anordnen, dass das Verfahren ruht. Prüfen Sie stets, ob Sie die Regelung für sich und gegen den gegnerischen Anwalt ausnutzen können.

     

    Die Gegenseite wurde durch das Gericht darauf hingewiesen, dass es unserer Auffassung folgt und die BRAGO-Gebühren verjährt seien. K nahm daraufhin ihren Antrag zurück und stellte einen neuen Antrag nach dem RVG - erneut mit Fahrtkosten. Hiergegen wandten wir uns, weil auch solche Kosten verjährt seien. Lediglich die Gerichtskosten in der Festsetzung haben wir akzeptiert. Wir gingen davon aus, dass es sich um eine Vorschussrechnung der Gerichtskosten handelt, wenn ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird. Da eine Abrechnung erst mit der Kostenentscheidung erfolgt, konnten diese Kosten offensichtlich noch nicht verjährt sein. Die Reisekosten hat der Klägervertreter allerdings nicht zurückgenommen, sodass die Fahrkosten für die Termine im Jahr 2004 abgesetzt wurden.

     

    Schildern auch Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion RVG professionell, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, rvgprof@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 216 | ID 43558875