02.12.2014 · IWW-Abrufnummer 173314
Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 20.10.2014 – 1 Ta 324/14
Bei Erhalt von Krankengeld, das sich gemäß § 47 SGB V anteilig nach dem letzten erzielten Arbeitseinkommen berechnet, kommt ein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO nicht in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis beendet und ein neues nicht begründet worden ist.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin wird - soweit das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat - zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 11 a Abs. 1 ArbGG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache - soweit das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat - keinen Erfolg.
1. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 08.09.2014 die angeordnete Ratenzahlung zutreffend auf monatlich 55,- € reduziert. Unter Berücksichtigung der Einnahmen aufgrund des der Klägerin gezahlten Krankengeldes in Höhe von 1.009,80 EUR monatlich und unter Abzug des Unterhaltsfreibetrages sowie der Wohnkosten ergibt sich ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 111,80 EUR. Die gesetzliche Regelung in § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht in diesem Fall Raten in Höhe von monatlich 55,00 EUR vor.
2. Auch soweit das Arbeitsgericht einen weiteren Abzug vom Einkommen gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO (Erwerbstätigenfreibetrag) abgelehnt hat, ist die Entscheidung nicht zu beanstanden.
a) Das BAG hat in der Entscheidung vom 22.04.2009 (3 AZB 90/08 - DB 2009, 1828 - Rn. 9) Sinn und Zweck des gesetzlichen Pauschbetrages analysiert und zutreffend darauf hingewiesen, dass der Erwerbstätigenfreibetrag dazu dienen soll, pauschaliert die erhöhten Aufwendungen auszugleichen, die einem aktiv im Arbeitsleben stehenden Arbeitnehmer durch die Verrichtung seiner Arbeit entstehen. Ergänzend führt das BAG aus:
"Das Gesetz geht davon aus, dass derartige Aufwendungen solange anfallen, wie der Prozesskostenhilfeantragsteller im Erwerbsleben steht".
b) Daraus hat das LAG Düsseldorf (29.10.2009 - 3 Ta 653/09) abgeleitet, auch bei Erhalt von Krankengeld, das sich gemäß § 47 SGB V anteilig nach dem letzten erzielten Arbeitseinkommen berechnet, komme ein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO nicht mehr in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis beendet und ein neues nicht begründet worden ist.
c) Das erkennende Gericht schließt sich der Auslegung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf an. Es ist bereits zweifelhaft, ob Sinn und Zweck des vom Gesetzgeber für die Aufwendungen der aktiv im Arbeitsleben stehenden Beschäftigten geschaffenen Freibetrages es überhaupt zulässt, diesen auch im Krankheitsfall zu gewähren (ablehnend etwa Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7.Aufl. 2014, Rn 260). Jedenfalls ist der Zweck der gesetzlichen Regelung, Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit pauschaliert abzugelten, entfallen, wenn eine Tätigkeit nicht nur wegen Krankheit, sondern zusätzlich auch deshalb nicht ausge übt wird, weil ein Arbeitsverhältnis überhaupt nicht mehr besteht (ebenso LAG Düsseldorf 29.10.2009 - 3 Ta 653/09). Das gesetzlich in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO vorausgesetzte Merkmal "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" ist mangels Arbeitsverhältnis nicht mehr gegeben, selbst wenn sich die Höhe des Krankengeldes, wie im Fall des § 47 SGB V, noch nach den Einnahmen aus dem früheren Arbeitsverhältnis berechnet.
e) Mit Rücksicht darauf, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Vergleich vom 14.05.2014 mit Ablauf des 30.04.2014 beendet wurde und nicht geltend gemacht worden ist, dass nach diesem Zeitpunkt ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen worden ist, das noch besteht, steht der Klägerin der Erwerbstätigenfreibetrag nicht zu.
II.
Der Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, unanfechtbar (§§ 78 Satz 2 ArbGG, 72 Abs. 2 ZPO, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).