· Nachricht · Editorial 12/2024
Probleme bei gemeinnützigen Stiftungen: Zweckverfehlung, Mittelfehlverwendung und Verstoß gegen den Vermögenserhaltungsgrundsatz
In der Praxis stoßen wir, vor allem bei gemeinnützigen Stiftungen, immer wieder auf dieselben Probleme. Zweckverfehlung, Mittelfehlverwendung und Verstoß gegen den Vermögenserhaltungsgrundsatz. Ich will deshalb dazu hier noch einmal ausgesprochen deutlich einige Punkte betonen:
Die Stiftung darf ihre Erträge nur im Rahmen ihrer Zwecke ausgeben und nicht etwa „fremde“ Zwecke fördern, die nicht in der Satzung stehen. Kinder- und Jugendhilfe ist eben nicht Altenhilfe. Kunstförderung ist kaum einmal die Förderung von Bildung, es sei denn, es liegt der Sonderfall der Bildungsförderung bezogen auf Kunst vor.
Juristische Laien in Stiftungsorganen liegen oft falsch, wenn sie versuchen, in der Rechtsprechung konkretisierte und in der Fachwelt ausführlich kommentierte Stiftungszwecke möglichst weit in dem für ihre Situation passenden Sinne auszulegen. Bedauerlicherweise verkennen sie dabei, dass sie sich in schadenersatzträchtigen Bereichen befinden. Mitunter stellen sich sogar strafrechtliche Fragen (Untreue, § 266 StGB).
Ähnlich problematisch ist ein Verstoß gegen den Vermögenserhaltungsgrundsatz. Zu diesem Grundsatz gibt es sicherlich den einen oder anderen fachlichen Streit, im Kern ist er aber sehr gründlich von der Rechtsprechung und der Fachliteratur aufgearbeitet worden. Die Stiftungsbehörden und die Finanzverwaltung sind grundsätzlich durchaus streng und nicht etwa aus Rücksicht auf mangelnde Rechtskenntnisse großzügig. Das ist auch berechtigt, denn es gilt den in der Satzung manifestierten Willen des Stifters (Stifterwille), den dieser bei der Stiftungserrichtung formuliert hat, einzuhalten. Der Stifterwille ist quasi das Grundgesetz der Stiftung. Das Stiftungsvermögen ist eine ganz wesentliche Grundlage der rechtsfähigen Stiftung.
Warum ich das so deutlich schreibe? Nun, ich halte immer wieder Anfragen aus der Stiftungswelt, ob man da nicht „etwas tun“, d. h. Grenzen verschieben könne. In der Regel erhalte ich diese Fragen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Dann ist es zu spät, ein Projekt im rechtlich möglichen Rahmen zu steuern. Und zaubern kann auch der erfahrene Fachmann nicht! Stiftungsreife (Schiffer, SB 2017, Seite 111) ist letztlich nicht nur eine Forderung an Stifter und deren Berater, sondern auch an die Stiftungsorganmitglieder. Das haben wir uns alle durchgehend vor Augen zu führen. Der StiftungsBrief versucht immer wieder, auch diesem Grundgedanken zu dienen.
Compliance und Corporate Governance ist bei der Stiftung wie auch in der Wirtschaft ein sorgfältig zu behandelndes Dauerthema! Gute Compliance sollte nicht als lästig angesehen werden, sondern als Mittel, gravierende Fehler im Interesse aller Beteiligter zu vermeiden.
Herzlichst, Ihr
Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt