27.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202578
Landesarbeitsgericht Hamm: Beschluss vom 25.06.2018 – 5 Ta 263/18
Darlehensverbindlichkeiten, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung von Prozesskostenhilfe begründet werden, können nur dann als Belastungen berücksichtigt werden, wenn es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die entweder nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 23.03.2018 gegen den Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 09.03.2018 - 3 Ca 88/18 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Unter dem 08.01.2018 hatte der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war beigefügt. Das Verfahren endete am 02.03.2018 durch ein Anerkenntnisurteil.
Auf Basis der vorgelegten Unterlagen berechnete das Arbeitsgericht ein Einkommen von 217,29 € € monatlich und damit eine Ratenzahlungspflicht von 108,00 €. Wegen der Einzelheiten der auch dem Kläger bekannt gegebenen Berechnung wird auf Bl. 23 der PKH-Akte Bezug genommen. Unter dem 09.03.2018 erging ein entsprechender Beschluss des Arbeitsgerichts.
Gegen diesen ihm am 13.03.2018 zugestellten Beschluss legte der Kläger mit am 23.03.2018 bei Gericht eingegangenem Schreiben sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger einen Kredit zur Finanzierung eines PKWs habe aufnehmen müssen, nachdem sein vorheriges Fahrzeug im Jahr 2002 verunfallt war, woraufhin ihm der Führerschein entzogen worden sei. Den ursprünglichen Kredit habe er sodann aufstocken müssen. Tatsächlich hat der Kläger einen Darlehensvertrag der U Bank für ein Fahrzeug mit Ratenbeginn ab dem 01.06.2018 und monatlichen Raten von 476,00 € für eine zu finanzierende Summe von 21.700,00 € vorgelegt.
Weiterhin macht er geltend, dass die monatlichen Kosten für sein Mobiltelefon in Höhe von 60,00 € als Belastung anzurechnen sei.
Mit Beschluss vom 14.05.2018 erfolgte eine Nichtabhilfeentscheidung, da die Notwendigkeit der Kreditaufnahme nicht dargelegt sei und die Kosten für das Mobiltelefon bereits im Freibetrag gem. § 115 ZPO enthalten seien. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 55/56 PKH-Akte Bezug genommen. Der Sachverhalt wurde der Beschwerdekammer vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist gem. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist gewahrt.
In der Sache ist die sofortige Beschwerde aber unbegründet.
Gemäß der §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht und das Prozesskostenhilfe-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt.
Dabei hat das Arbeitsgericht die von der Partei vorgetragenen Belastungen zu berücksichtigen, soweit deren Erforderlichkeit dargetan ist oder sich deren Berücksichtigung bereits aus § 115 ZPO ergibt.
a) Darlehensschulden und Abzahlungsverpflichtungen, welche die Partei in Kenntnis bestehender oder bevorstehender Verfahrenskosten aufgenommen hat bzw. die sie in Ansehung des Prozesses oder nach dessen Aufnahme eingegangen ist, sind in der Regel nicht als besondere Belastungen gemäß § 115 Abs.1 Satz 3 Nr.4 ZPO zu berücksichtigen. Die Partei hat sich in ihrer Lebensführung grundsätzlich darauf einzustellen, dass sie entstehende oder entstandene Prozesskosten zu tragen hat. Ausnahmsweise sind solche Verbindlichkeiten jedoch berücksichtigungsfähig bei sogenannten lebenswichtigen oder lebensnotwendigen Schulden, wozu auch Verbindlichkeiten zählen, die aufgrund einer sittlichen Verpflichtung (vgl. Dürbeck/Gottschalk; Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, RZ. 339 m.w.N.; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Auflage, 2018, § 115 Rn.38, 40) oder zumindest auch aufgrund beruflicher Notwendigkeit entstanden sind (vgl. LAG Hamm, 23. März 2009, 14 Ta 586/08, n. v.). Es ist darauf abzustellen, ob es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die entweder nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind (vgl. dazu LAG Hamm, 31. Mai 2011, 14 Ta 98/10, juris; 06.03.2012, 14 Ta 48/12).
Diese Voraussetzungen sind vom Kläger trotz der Nachfrage des Arbeitsgerichtes nicht dargetan. Es mag sein, dass ein Fahrzeug des Klägers im Jahr 2002 verunfallt ist, weshalb dieses zur Folge haben sollte, dass er nunmehr im März 2018 ein neues Fahrzeug erwerben muss, ist nicht ersichtlich. Auch soweit der Vortrag des Klägers dahin gehen sollte, dass er mit dem vorgelegten Darlehehnsvertrag ggf. ein altes Darlehen umgeschuldet hat, fehlt es an jeglichem Nachweis.
Damit war die zwingende Notwendigkeit der Darlehensaufnahme gerade zum Zeitpunkt der Einleitung des Kündigungsschutzverfahrens nicht dargetan, dem Kläger wäre es zuzumuten gewesen, zunächst die Prozesskosten zu tragen, ehe er neue Verbindlichkeiten eingeht. Die entsprechenden Monatsraten waren nicht zu berücksichtigen.
b) Soweit der Kläger Kosten für sein Mobiltelefon geltend macht, handelt es sich um Ausgaben im Rahmen der persönlichen Lebensführung, die vom Freibetrag des § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 a ZPO erfasst sind und nicht als besondere Belastung gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 4 ZPO geltend gemacht werden können (siehe nur die erkennende Kammer, Beschluss vom 16.08.2017, 5 Ta 427/12, n.v.; LAG Köln, Beschluss vom 14.07.2010, 1 Ta 161/10, juris.
Das Arbeitsgericht hat daher zum Entscheidungszeitpunkt aufgrund der vorhandenen Erklärungen und Belege eine rechnerisch und sachlich korrekte Entscheidung getroffen.
Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.